bwp@ Spezial 18 - Februar 2021

Studierende der Berufs- und Wirtschaftspädagogik: (Un-)bekannte Wesen?

Hrsg.: Janika Grunau & Tobias Jenert

Zum Zusammenhang von Berufsethos und der Berufswahlmotivation angehender Wirtschaftspädagog*innen

Beitrag von Simone Ziegler & Michael Goller
Schlüsselwörter: Berufsethos, Berufswahlmotivation, Wirtschaftspädagogik, Studierende

Sowohl Berufsethos als auch Berufswahlmotivation tragen zu relevanten lern-, leistungs- und laufbahnbedingenden Prozessen eines Individuums bei und prägen dessen Lebensverlauf wesentlich. Während die Berufswahlmotivation bereits verstärkt im wirtschaftspädagogischen Kontext untersucht wurde, existieren zum Berufsethos von Wirtschaftspädagog*innen nur vereinzelt empirische Studien. So ist beispielsweise wenig darüber bekannt, wie das Berufsethos von Wirtschaftspädagog*innen in der Ausbildungsphase ausgeprägt ist. Auch die Erforschung des Zusammenhangs zwischen den Konstrukten des Berufsethos und der Berufswahlmotivation blieb bisher unbeachtet. In diesem Beitrag wird entsprechend dieses Forschungsdesiderats untersucht, wie das anfänglich ausgebildete Berufsethos von Wirtschaftspädagogikstudierenden in der universitären Ausbildung ausgeprägt ist, ob sich die Ausprägung nach dem angegebenen Berufswunsch der Studierenden unterscheidet und inwiefern das anfänglich ausgeprägte Berufsethos mit der Berufswahlmotivation von Studierenden zusammenhängt. Dafür wurden im Wintersemester 2019/20 an zwölf deutschen Universitäten insgesamt 879 Wirtschaftspädagogikstudierende schriftlich befragt. Die Ergebnisse zeigen, dass das anfängliche Berufsethos der Befragten bereits in der universitären Ausbildungsphase relativ stark ausgeprägt ist. Weiterhin ist zu erkennen, dass das Berufsethos bei angehenden Wirtschaftspädagog*innen, die den Berufswunsch Lehrkraft haben, ausgeprägter ist als bei Wirtschaftspädagogikstudierenden, die eine Tätigkeit außerhalb des Schuldienstes anstreben bzw. noch unentschlossen sind. Letztlich kann aufgezeigt werden, dass grundsätzlich positive Zusammenhänge zwischen dem anfänglich ausgeprägten Berufsethos und der Berufswahlmotivation von angehenden Wirtschaftspädagog*innen bestehen.

1 Einleitung und Relevanz

Die Ausbildungsdauer von Wirtschaftspädagog*innen umfasst meist ein dreijähriges Bachelor- und ein mindestens zweijähriges Masterstudium. Für Studierende, die den Wunsch hegen, in beruflichen Schulen zu unterrichten[1], ist in Abhängigkeit von föderalen Regelungen teilweise noch ein einjähriges berufliches Praktikum oder eine abgeschlossene Berufsausbildung sowie der Vorbereitungsdienst im Umfang von 1,5 bis 2 Jahren vorausgesetzt (z. B. KMK 2019, 4). Bei diesem Ausbildungsaufwand ebenso wie bedingt durch die Tatsache, dass sich Wirtschaftspädagogikstudierende oftmals aus einem erlernten Beruf heraus neu orientieren und häufig aus einem bereits vorab eingeschlagenen Karriereweg und dem Arbeitsleben austreten, ist bei angehenden Wirtschaftspädagog*innen mit dem Ziel, an beruflichen Schulen zu arbeiten, nicht nur von einer bewussten Entscheidung für diese Studien- und Berufswahl auszugehen, sondern ebenfalls von einer gewissen idealistischen Einstellung zu ihrem späteren Beruf (vgl. Schober 1997, 104 f.).

Die bewusste Entscheidung für den sowie die idealistische Einstellung zu dem Beruf der Lehrkraft an beruflichen Schulen kann mit relevanten lern-, leistungs- und laufbahnbedingenden psychologischen Konstrukten in Verbindung gebracht werden, die den Lebensverlauf von Individuen wesentlich prägen. So steht eine idealistische Einstellung zu einem Beruf mit Berufsethos und die bewusste Entscheidung für ein Studium bzw. den daran anschließenden Beruf mit der Berufswahlmotivation in Zusammenhang. Während Berufsethos als mentale Bewertung und korrespondierende, berufliche Handlung gilt, die auf individuellen, gesellschaftlichen und berufsbezogenen moralischen Werten basiert und in anfänglich ausgebildeter Form bereits vor dem Antritt des Studiums bzw. des Berufs unterstellt werden kann, adressiert die Berufswahlmotivation die subjektiven Beweggründe, die zur Ergreifung eines Studiums bzw. eines Berufs führen.

Für die Ausbildung von Wirtschaftspädagog*innen sowie für die spätere Tätigkeit als Lehrkraft beruflicher Schulen sind sowohl Berufsethos als auch die Berufswahlmotivation entscheidend. Baumert und Kunter (2006, 470 ff.) unterstreichen diese Relevanz, indem sie beide Konstrukte in ihr etabliertes Handlungskompetenzmodell von Lehrkräften integrieren. Mit Berufsethos und Berufswahlmotivation sind die Handlungskompetenzdimensionen der Überzeugungen und Werthaltungen sowie der motivationalen Orientierung angesprochen. Diese Dimensionen tragen insbesondere zu einem auf moralische Werte ausgerichteten Unterricht sowie einer Initiierung und Aufrechterhaltung professionellen Handelns bei.

Lehramtsunabhängig ist davon auszugehen, dass ein ausgeprägtes Berufsethos dazu führt, dass (angehende) Lehrkräfte die komplexen beruflichen Anforderungen ihrer (späteren) Tätigkeit wahr- und annehmen (vgl. Terhart 2000, 54 f.). Oser (1997, 211) konstatiert in Bezug auf Studierende, dass sich deren Wahrnehmung und Annahme beruflicher Anforderungen und Tätigkeiten darin zeigt, dass sie bereits im Studium gewillt sind, professionelle Standards der Lehrkräftebildung zu erlernen und in Übungen anzuwenden. Bei berufstätigen Lehrkräften identifiziert Latzko (2012, 202) das Ethos als mitverantwortlich dafür, dass sich Lehrkräfte gewissenhaft auf den Unterricht vorbereiten sowie dass die Schüler*innen fair bewertet und positive Beziehungen zu ihnen aufgebaut werden. Die Relevanz von Berufswahlmotivation ist damit herauszustellen, dass diese positiv mit pädagogischen Wissensbeständen, der Leistungsmotivation sowie der Lernzielorientierung von Studierenden korreliert und damit deren kognitive Leistungs- sowie Kompetenzentwicklung positiv beeinflussen kann (z. B. König/Rothland 2013, 43 ff.). Im späteren Berufshandeln hängt die Berufswahlmotivation darüber hinaus u. a. mit verschiedenen Komponenten der Klassenführung sowie dem beruflichen Wohlbefinden zusammen (z. B. Keller-Schneider 2011, 157 ff.; Rothland 2013, 71 ff.). Somit bleibt festzuhalten, dass Berufsethos und die Berufswahlmotivation theoretisch sowie empirisch von hoher Relevanz für die Ausbildung und die Tätigkeit von (angehenden) (Berufsschul-)Lehrkräften sind.

Während der Berufswahlmotivation in der Vergangenheit auch verstärkt im wirtschaftspädagogischen Kontext Aufmerksamkeit gewidmet wurde (z. B. Goller/Ziegler in Druck; Krieger et al. 2019), existieren zum Berufsethos von Wirtschaftspädagog*innen nur vereinzelt empirische Studien (z. B. Harder 2014; Ziegler 2020). So ist beispielsweise wenig darüber bekannt, wie das Berufsethos von Wirtschaftspädagog*innen in der Ausbildungsphase ausgeprägt ist. Mit Bezug zu der angesprochenen tendenziell bewussten und idealistischen Laufbahnentscheidung, die u. a. auf ein idealistisches Berufsethos sowie auf eine gewisse Berufswahlmotivation zurückzuführen ist, kann weiterhin angenommen werden, dass auch zwischen Berufsethos und der Berufswahlmotivation ein Zusammenhang besteht. Die Erforschung dieses Zusammenhangs blieb jedoch bisher gänzlich unbeachtet. Beide Forschungsdesiderata sollen im Rahmen des vorliegenden Beitrages aufgegriffen werden.

Das spezifische Interesse am wirtschaftspädagogischen Kontext gründet auf mehreren Aspekten. Erstens entscheiden sich Wirtschaftspädagogikstudierende, wie bereits erläutert, tendenziell bewusst für eine langwierige Ausbildung bzw. orientieren sich häufig aufgrund einer vorher absolvierten beruflichen Ausbildung aus einem bereits erlernten Beruf heraus neu. Entsprechend können Besonderheiten bei dieser speziell motivierten Zielgruppe z. B. in Form eines bereits im Studium sehr stark ausgeprägten Ethos erwartet werden. Zweitens besteht aufgrund des polyvalenten Charakters des Wirtschaftspädagogikstudiums die Annahme, dass die Berufsziele der Studierenden unterschiedlich ausfallen (z. B. Goller/Ziegler in Druck). So ist anzunehmen, dass neben einer späteren schulischen Tätigkeit auch außerschulische Berufswünsche bestehen (vgl. Guggemos 2018). Die unterschiedlichen beruflichen Ziele lassen vermuten, dass innerhalb der spezifischen Zielgruppe verschieden ausgeprägte Berufsethoi vorhanden sind (vgl. Harder 2014). Drittens ist aufgrund des angenommenen bewussten Antritts des Studiums von einer stark ausgeprägten Berufswahlmotivation auszugehen, die entsprechend stark mit dem anfänglich ausgebildeten Berufsethos der Wirtschaftspädagogikstudierenden zusammenhängt.

Die Ziele dieses Beitrages sind Folgende: (1) Zunächst soll untersucht werden, wie das anfänglich ausgebildete Berufsethos von Wirtschaftspädagogikstudierenden in der universitären Ausbildung ausgeprägt ist. (2) Ferner soll analysiert werden, ob sich die Ausprägung des anfänglich ausgebildeten Berufsethos nach dem angegebenen Berufswunsch der Studierenden unterscheidet. Kernstück dieses Beitrags ist es überdies zu untersuchen, (3) inwiefern die anfänglich ausgebildeten Facetten des Berufsethos mit der Berufswahlmotivation von Wirtschaftspädagogikstudierenden zusammenhängen.

Um diese Ziele zu erreichen werden in den nachstehenden Kapiteln zunächst das Berufsethos (Kapitel 2) und die Berufswahlmotivation (Kapitel 3) theoretisch geklärt und die dazugehörigen Forschungsstände skizziert. Auf dieser Basis werden Gemeinsamkeiten, Unterschiede sowie mögliche Zusammenhänge beider Konstrukte diskutiert (Kapitel 4). Aus dieser Diskussion werden die Forschungsfragen sowie die Forschungshypothesen der vorliegenden Studie abgeleitet (Kapitel 5). Die für die Überprüfung der Hypothesen zur Verfügung stehende Stichprobe, die eingesetzten Messinstrumente sowie das dafür herangezogene Analysevorgehen werden darauf folgend beschrieben (Kapitel 6). Es schließt die Beschreibung der empirischen Befunde an (Kapitel 7). Den Abschluss dieses Beitrags bilden eine Diskussion der Ergebnisse (Kapitel 8) sowie ein Ausblick und Fazit (Kapitel 9).

2 Klärung des Verständnisses von Ethos von (angehenden) Lehrkräften und dessen Entwicklung

2.1 Berufsethos von (angehenden) Lehrkräften

Ein einheitliches Begriffsverständnis von Berufsethos liegt in der Literatur nicht vor. Dies mag damit begründet sein, dass Berufsethos als komplexes und vielschichtiges Konstrukt verstanden werden muss, weshalb Autor*innen oftmals sehr unterschiedliche Schwerpunkte bei dessen Thematisierung setzen. So werden stellenweise normative Wertkataloge formuliert, welche insbesondere für die Professionalisierung im Lehrberuf, nicht aber für das Vorhaben in diesem Beitrag wichtig sind (z. B. Giesecke 1997; Schach 1987). Um die Komplexität des Konstrukts zu schmälern, werden alternativ häufig einzelne Dimensionen von Ethos herausgegriffen und diese im Detail definiert und analysiert (z. B. Harder 2014; Ziegler 2020). Die im Folgenden angeführte Definition von Döring (1990) erscheint für den vorliegenden Beitrag deshalb sinnvoll, da sie einen klaren Bezugspunkt – Wertvorstellungen – erkennen lässt und an das tatsächliche Verhalten von (angehenden) Lehrkräften anknüpft. Döring (1990, 11) beschreibt Berufsethos als überzeugungsmäßige Haltung „… eines Menschen in und zu seinem Beruf. Diese Haltung wird als allgemeiner, berufsbezogener Werthintergrund für das je aktuelle oder potentielle Berufsverhalten sowie das darin eingeschlossene zielgerichtete berufliche Handeln angesehen“. Die im Berufsethos vereinten allgemeinen und berufsbezogenen Werte geben Orientierung für das eigene Berufsverhalten in verschiedenen beruflichen Situationen. Berufsethos erlaubt aber auch, berufliches Verhalten anderer Berufsakteur*innen oder berufliche Phänomene nach moralischen und berufsbezogenen Maßstäben zu beurteilen (vgl. Kluxen 1993, 520).

Oser (z. B. 1998) widmet sich der Konstitution des Lehrkräfteethos detaillierter. Er kommt zu der Erkenntnis, dass Lehrkräfte wiederholt auf spezielle moralische Werte verweisen, um moralisches Handeln im Unterricht zu begründen. Bei diesen moralischen Werten handelt es sich um Fürsorge, Gerechtigkeit und Wahrhaftigkeit. Während Fürsorge die Achtung und das Wohlergehen der menschlichen Gemeinschaft und jedes Individuums adressiert, impliziert Gerechtigkeit den Gleichheitsgedanken. Wahrhaftigkeit kann als widerspruchsfreies Handeln entsprechend der eigenen Wertvorstellungen verstanden werden (vgl. Kohlberg 1976, 40; Oser 1998, 44 f.). Diese drei Werte werden als wichtige Indikatoren hinsichtlich der Ausprägungsintensität von Lehrkräfteethos dargestellt. Auch andere Forscher*innen greifen auf diese Grundlage zurück. So bezieht beispielsweise Bauer (2007, 29 ff.) in ihrem Modell des Lehrkräfteethos neben religiösen, politischen sowie weiteren pädagogischen Diskursen ebenfalls die Arbeiten von Oser mit ein. Auf das Bauer’sche Modell von Lehrkräfteethos wird im Folgenden der Schwerpunkt gelegt, da der Konzeption erstens ein umfangreicher und interdisziplinärer theoretischer Rahmen zugrunde liegt. Zweitens konnte das Modell auf Basis einer quantitativen empirischen Studie weitgehend bestätigt werden (vgl. Bauer 2007, 250 f.) und drittens wurde der Bauer‘sche Ansatz bereits von anderen Autor*innen als theoretischer Rahmen verwendet, um Ethos von Lehrkräften zu erforschen (vgl. Harder 2014; Ziegler 2020).

In ihrem Modell differenziert Bauer (2007, 162 ff., 193 ff., 250 f.) verschiedene Dimensionen: (a) den Sinnhorizont, (b) das Berufsverständnis und (c) die Sozialbeziehungen. Der Sinnhorizont adressiert die Gewissheit der (angehenden) Lehrkräfte, dass das (potenzielle) berufliche Tun sinnhaft ist. Das Berufsverständnis beschreibt, dass dem eigenen (zukünftigen) beruflichen Handeln eine hohe emotionale Bedeutung zugesprochen wird. Im Rahmen der Sozialbeziehungen erkennen (künftige) Lehrkräfte die Individualität der Lernenden an. Empirisch kann die Autorin ihr Modell auf Basis ihrer selbstentwickelten Items und der Einschätzung von 480 Mittelschullehrkräften stützen. Im vorliegenden Beitrag werden die drei im Modell enthaltenen und recht konkret beschriebenen Dimensionen als heuristischer Rahmen verwendet, da sie eine umfassende, vielschichtige und generische Basis für weiterführende Forschungen geben sowie mit der vorangestellten Definition von Döring (1990) gut vereinbar sind.

2.2 Empirische Studien zum Lehrkräfteethos

Gawlitza und Perels (2013, 7) untersuchten die Ausprägung des Ethos von 94 Referendar*innen des Gymnasial- und Gesamtschullehramts. Die Autorinnen nutzen ein Erhebungsinstrument von Baumert et al. (2009), welches einige Parallelen zu den Ethosdimensionen von Bauer (2007, 267) aufweist. So integriert das Baumert’sche Ethos die Dimensionen (a) Wahrgenommene Wertschätzung, (b) Einkommen, Sicherheit und Flexibilität (vgl. als Gegenpol Berufsverständnis), (c) Kooperatives Arbeiten (vgl. Ähnlichkeit zu Sozialbeziehungen), (d) Vielfalt und Herausforderung (vgl. Ähnlichkeit zu Sozialbeziehungen) sowie (e) Befriedigung aus der Unterrichtsarbeit (vgl. Ähnlichkeit zu Sinnhorizont). Die Befunde der Studie zeigen, dass die untersuchten Ethosdimensionen bei den Referendar*innen tendenziell positiv ausgeprägt sind. Das deutet darauf hin, dass eine relativ idealistische Einschätzung bereits am Anfang der beruflichen Lehrkräftelaufbahn vorhanden ist.

Neben der Entwicklung des Modells von Lehrkräfteethos untersucht Bauer (2007, 162 f.) ebenfalls die Fragestellung, wie die drei Ethosdimensionen des (a) Sinnhorizonts, des (b) Berufsverständnisses sowie der (c) Sozialbeziehungen mit Faktoren des subjektiven Erlebens der Institution Schule korrelieren. Auf Basis der Aussagen von Mittelschullehrkräften konstatiert sie, dass ein hoch ausgeprägter Sinnhorizont bei Lehrkräften mit einer positiv wahrgenommenen Atmosphäre und Organisationsstruktur in der Schule sowie der Zufriedenheit mit der Kooperation im Kollegium zusammenhängt. Mit einem stark ausgebildeten Berufsverständnis korreliert hingegen die positive Wahrnehmung der Schulleitung. Die Sozialbeziehung hängt sowohl mit einer positiven Wahrnehmung der Schulleitung als auch mit der Zufriedenheit bezüglich der Kooperation im Kollegium zusammen. Bauer (2007, 239) resümiert, dass die positiven Ausprägungen der drei Ethosdimensionen insbesondere mit einer positiven Wahrnehmung zwischenmenschlich-persönlicher schulischer Faktoren zusammenhängen, wodurch die Relevanz von Lehrkräfteethos für spezifische schulrelevante Motivatoren herausgestellt wird (vgl. Herzberg 1998, 96 f.).

3 Klärung des Konstrukts Berufswahlmotivation von (angehenden) Lehrkräften

3.1 Berufswahlmotivationen von (angehenden) Lehrkräften

Berufswahlmotivation bezeichnet die subjektiven Beweggründe, die zur Ergreifung eines Berufes bzw. des dazugehörigen Ausbildungsweges führen. Im Rahmen der Diskussion um die Berufswahlmotivation angehender Lehrkräfte werden klassischerweise extrinsische, intrinsische und altruistische Gründe für die Aufnahme eines Lehramtsstudiums und den damit verbundenen Wunsch, später als Lehrkraft tätig zu werden, unterschieden (z. B. Brookhart/Freeman 1992, 37 ff.; Kyriacou/Coulthard 2000, 117 ff.). Extrinsische Gründe umfassen Berufsmerkmale, die nicht unmittelbar mit der eigentlichen Tätigkeit als Lehrkraft zu tun haben (z. B. hohes Einkommen). Intrinsische Gründe beinhalten berufliche Merkmale, die unmittelbar mit der Lehrtätigkeit in Verbindung stehen (z. B. Interesse an den studierten Fächern). Als altruistisch gelten letztlich solche Gründe der Berufswahl, die auf den sozialen Nutzen der Tätigkeit abzielen (z. B. den Wunsch, soziale Benachteiligung auszugleichen). Daneben finden sich in der Literatur noch weitere Gründe, die nicht direkt in diese Trias fallen, z. B. die Wahl des Lehramtsstudiums bzw. des Berufs aufgrund des Einflusses Dritter oder als Verlegenheitslösung.

Auf Basis eines umfangreichen Literaturüberblicks und unter Verwendung der Erwartungs-Wert-Theorie bündeln Watt und Richardson (2007) die theoretisch abgeleiteten und empirisch identifizierten Berufswahlgründe von angehenden Lehrkräften in ihrem FIT-Choice-Modell (Factors Influencing Teaching Choice). Das vielfach genutzte Modell unterscheidet folgende Kernmotive der Berufswahl angehender Lehrkräfte: (a) positive Einschätzungen der eigenen unterrichtlichen Fähigkeiten, (b) intrinsische Werte des Berufs (z. B. Interesse am Fach), (c) persönliche Vorteile der Berufswahl (z. B. berufliche Sicherheit), (d) soziale Vorteile der Berufswahl (z. B. Benachteiligung ausgleichen), (e) frühere Lehr- und Lernerfahrungen, (f) der positive soziale Einfluss von anderen sowie (g) die Wahl des eigenen Karriereweges als Verlegenheitslösung. Überdies identifizieren die Autor*innen individuelle Vorstellungen vom Beruf, welche sich auf die Berufswahlmotive auswirken können: (a) der Expertisebedarf zur Berufsausübung, (b) das Anspruchs- bzw. Belastungsniveau, (c) der soziale Status von Lehrkräften, (d) die Höhe des Gehalts sowie (e) die erlebte Tendenz, dass ihnen von der Wahl des Berufes von Dritten abgeraten wird. Ferner inkludieren Watt und Richardson noch die Zufriedenheit mit der Studien- und Berufswahl als relevante Outcomevariable in ihrem Ansatz.

3.2 Empirische Studien zur Konstitution von Berufswahlmotivationen

Verschiedene Studien kommen unter Verwendung des FIT-Choice-Ansatzes zu vergleichsweise übereinstimmenden Erkenntnissen für deutsche Lehramtsstudierende (z. B. Glutsch/König 2019; Goller et al. 2019; König/Rothland 2013). Als Berufswahlmotive sind insbesondere die antizipierten sozialen Vorteile des Berufs (z. B. Arbeit mit jungen Menschen) sowie der intrinsische Wert der Tätigkeit (z. B. Interesse und prognostizierte Freude an der Lehrtätigkeit) am stärksten ausgeprägt. Ähnliche Befunde finden sich im internationalen Vergleich (vgl. Fokkens-Bruinsma/Canrinus 2014; Goller et al. 2019; Watt et al. 2012).

Bei Wirtschaftspädagogikstudierenden kommen Klusmeyer (2005, 193), Krieger et al. (2019, 270) sowie Goller und Ziegler (in Druck) zu ähnlichen Resultaten. Die Forscher*innen identifizieren, dass für angehende Wirtschaftspädagog*innen ebenfalls die unterstellten sozialen Vorteile des Berufs am stärksten ausgeprägt sind. Klusmeyer sowie Goller und Ziegler erkennen ergänzend, dass für Wirtschaftspädagogikstudierende ebenfalls Aspekte wie Gestaltungsfreiheit sowie selbstständige, interessante, vielseitige, abwechslungsreiche und verantwortungsvolle Tätigkeiten im späteren Beruf wesentlich für die Aufnahme des Studiums waren. Unterschiede zu Studierenden des allgemeinen Lehramts lassen sich dahingehend erkennen, dass neben den bereits erwähnten Kriterien der Berufswahl ebenso materielle Sicherheit sowie die eigene wahrgenommene Lehrbefähigung als Motivation zur Aufnahme des Wirtschaftspädagogikstudiums festgestellt wurden. Es sind gerade diese beispielhaft erkannten Unterschiede, die das Interesse leiten, insbesondere die Zielgruppe von Wirtschaftspädagogikstudierenden hinsichtlich der bisher als wesentlich beschriebenen Konstrukte – Berufsethos und Berufswahlmotivationen – zu untersuchen (s. Kapitel 5).

König und Rothland (2013, 50 ff.) widmen sich der Wirksamkeit der Berufswahlmotivation im Studium. Dabei betrachten sie verschiedene Lehramtsstudiengänge, darunter auch Studierende des Lehramts der Sekundarstufe II, was u. a. dem wirtschaftspädagogischen Kontext entspricht. Konkret erkennen sie positive Zusammenhänge zwischen dem intrinsischen Berufswahlmotiv von Lehramtsstudierenden, deren allgemeiner Leistungsmotivation und Lernzielorientierung sowie schlussendlich deren Umfang an pädagogischem Wissen. Folglich ist anzunehmen, dass mit bestimmten Berufswahlmotivationen eine positive universitäre Leistungs- und Kompetenzentwicklung der Studierenden einhergehen kann. Hecht und Pflanzl (2016, 402 ff.) stellen bezüglich der späteren Lehrtätigkeit darüber hinaus fest, dass zwischen einzelnen Facetten der Berufswahlmotivation und verschiedenen Komponenten der Klassenführung Zusammenhänge bestehen. So korreliert u. a. die wahrgenommene Lehrbefähigung und das intrinsische Berufswahlmotiv positiv sowie die Verlegenheitslösung negativ mit der Beziehungsförderung als Komponente der Klassenführung.

4 Zusammenführung der Konstrukte Berufsethos und Berufswahlmotivationen

Es wird angenommen, dass Zusammenhänge zwischen den beiden Konstrukten des Berufsethos und der Berufswahlmotivation bestehen. So lassen sich beispielsweise Gemeinsamkeiten zwischen dem Ethoskonstrukt und der wahrgenommenen Lehrbefähigung im Rahmen der Berufswahlmotivation erkennen, die wiederum häufig aufgrund von biographischen Lehr-Lernerfahrungen beeinflusst wird. Die Lehrbefähigung beschreibt die wahrgenommene Qualität und Passung der eigenen Fähigkeiten im Lehrberuf. Das schließt u. a. die Überzeugung ein, Lehr-Lern-Arrangements zielgruppenorientiert gestalten zu wollen und zu können. Eigene Lehr-Lernerfahrungen können diese Überzeugung zumindest subjektiv stützen. Eine zielgruppenorientierte Unterrichtsgestaltung wird gleichzeitig als Effekt von Ethos gesehen. Dies ist damit begründet, dass Lehrkräfte mit ausgeprägtem Ethos den Willen haben, das Wohl bzw. die Entwicklung aller Schüler*innen zu unterstützen (vgl. Fürsorgewert), was mittels adäquatem pädagogischem und moralischem Handeln realisiert werden kann (z. B. Oser 2001, 331 f.).

Auch zwischen dem Ethoskonstrukt sowie den sozialen Vorteilen, dem sozialen Status und dem intrinsischen Wert des Berufs sind Übereinstimmungen erkennbar. Die sozialen Vorteile entsprechen dem Willen von (angehenden) Lehrkräften, die Zukunft von Jugendlichen mitgestalten, soziale Benachteiligung aufheben, einen sozialen Beitrag für die Gesellschaft leisten und generell gerne mit Jugendlichen zusammenarbeiten zu wollen. Der soziale Status beschreibt die Einschätzung, dass dem Lehrberuf u. a. ein hoher sozialer Wert zugeschrieben und Wertschätzung entgegengebracht werden. Mit dem intrinsischen Wert wird z. B. das Interesse am Fach oder der Spaß am Unterrichten adressiert. Insbesondere das erstgenannte Motiv der sozialen Vorteile ist einerseits gut mit dem wiederholt identifizierten Gerechtigkeitswert im Rahmen von Ethos zu verbinden (vgl. Oser 1998, 44). So impliziert Gerechtigkeit den Gleichheitsgedanken bzw. die Gleichbehandlung bezogen auf alle Individuen (vgl. Kohlberg 1976, 40). Andererseits können beide Berufswahlmotivationsfacetten – sozialer Vorteil und sozialer Status – mit der Ethosdimension des idealistischen Sinnhorizonts von Bauer (2007, 193, 267) verbunden werden. Bauer definiert den Sinnhorizont damit, dass (angehende) Lehrkräfte das Gefühl haben, mit ihrer zukünftigen Arbeit etwas für die Schüler*innen, für die Schule und für die Gesellschaft erreichen zu können. In der Konsequenz würde diesem Engagement ein sozialer Wert und Wertschätzung entgegenstehen, womit zentrale Inhalte der angesprochenen Berufswahlmotivationsfacetten aufgegriffen werden. Der intrinsische Wert steht hingegen mit dem idealistischen Berufsverständnis in Verbindung. So stellt z. B. Spaß bzw. Freude am Unterrichten (intrinsischer Wert) eine Emotion dar, wodurch auch von einem Aufbau der emotionalen Bedeutung beruflicher Situationen ausgegangen werden kann.

Zwischen der Lehrkräfteethosdimension des Berufsverständnisses (vgl. Bauer 2007, 193) und der Berufswahlmotivationsfacette der persönlichen Vorteile der Berufswahl sind hingegen inhaltliche Gegensätzlichkeiten zu erkennen. Während die persönlichen Vorteile der Berufswahl Aspekte wie berufliche Sicherheit oder geographische Flexibilität ansprechen, wird im Rahmen des idealistischen Berufsverständnisses insbesondere die pädagogische und erzieherische Aufgabe von Lehrkräften betont. Gleichzeitig werden beim idealistischen Berufsverständnis Lehrkräfte dann als ungeeignet angesehen, wenn sie nicht aus innerer Überzeugung in den Lehrberuf einmünden oder in erster Linie eine sichere, krisenfeste Arbeitsstelle anstreben.

Im nachfolgenden Kapitel werden die angenommenen Zusammenhänge anhand von Forschungsfragen und Hypothesen konkretisiert. Dabei werden alle im Studiendesign integrierten Lehrkräfteethos- und Berufswahlmotivationsskalen auf Basis von expliziten Zusammenhangsannahmen integriert, welche weitgehend bereits in diesem Kapitel skizziert wurden.

5 Forschungsfragen und Hypothesen

Das erste Ziel dieses Beitrags ist es zu untersuchen, wie das anfänglich ausgebildete Berufsethos von Wirtschaftspädagogikstudierenden im Studium ausgeprägt ist. Daraus ergibt sich die erste Forschungsfrage:

  1. Wie gestaltet sich das anfänglich ausgeprägte Berufsethos von Wirtschaftspädagogikstudierenden in der universitären Ausbildungsphase?

Ferner soll als zweites Ziel analysiert werden, ob sich das anfänglich ausgebildete Berufsethos nach dem angegebenen Berufswunsch der Wirtschaftspädagogikstudierenden unterscheidet. Diesem Ziel liegt die Annahme zugrunde, dass aufgrund des polyvalenten Charakters des Wirtschaftspädagogikstudiums verschiedene Berufsziele bei den Studierenden existieren. Gemäß diesen unterschiedlichen Berufszielen ist vorstellbar, dass auch verschiedene Schwerpunkte bezüglich des jeweils individuell vorhandenen Berufsethos bestehen. Infolge dieses Ziels, welches sich in die erste Forschungsfrage eingliedert, kann die folgende Hypothese abgeleitet werden:

H1: Wirtschaftspädagogikstudierende, die zum Zeitpunkt der Befragung das Berufsziel der Lehrkraft haben, unterscheiden sich hinsichtlich der anfänglich ausgebildeten Facetten des Berufsethos von Wirtschaftspädagogikstudierenden, die eine Tätigkeit außerhalb des Schuldienstes anstreben bzw. noch unentschlossen sind.

Als drittes Ziel soll als Kern dieses Beitrags der Zusammenhang von Berufsethos und Berufswahlmotivation untersucht werden. Entsprechend lautet die zweite Forschungsfrage:

  1. Inwiefern hängen die anfänglich ausgebildeten idealistischen Facetten des Berufsethos mit der Berufswahlmotivation von Wirtschaftspädagogikstudierenden zusammen?

Auf theoretischer Ebene lassen sich gewisse Gemeinsamkeiten, aber auch inhaltliche Gegensätzlichkeiten zwischen den verschiedenen Dimensionen von Berufsethos und einzelnen Facetten der Berufswahlmotivation von (angehenden) Lehrkräften (beruflicher Schulen) erkennen. Aus den oben angeführten Erläuterungen lassen sich folgende Hypothesen ableiten:

H2: Die drei Lehrkräfteethosdimensionen des Sinnhorizontes, des Berufsverständnisses und der Sozialbeziehungen hängen positiv mit (a) der wahrgenommenen Lehrbefähigung, (b) dem intrinsischen Wert, (c) den sozialen Vorteilen der Berufswahl (Zukunft von Jugendlichen mitgestalten, soziale Benachteiligung beheben, sozialen Beitrag für die Gesellschaft leisten und Freude an der Arbeit mit Jugendlichen), (d) der früheren Lehr- und Lernerfahrungen und (e) dem sozialen Status zusammen.

H3: Die drei Lehrkräfteethosdimensionen des Sinnhorizontes, des Berufsverständnisses und der Sozialbeziehungen hängen negativ mit (a) den persönlichen Vorteilen des Berufs (Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie Sicherheit des Berufs), (b) der Verlegenheitslösung, (c) der geographischen Flexibilität und (d) dem Gehalt zusammen.

Hinsichtlich der Berufswahlmotivationsfacetten des sozialen Einflusses von anderen, dem wahrgenommenen Anspruchs- bzw. Belastungsniveau und dem wahrgenommenen Expertisegrad kann bezüglich des Berufsethos keine begründete Hypothesenrichtung formuliert werden. Entsprechend bleibt die folgende Hypothese ungerichtet und lautet:

H4: Die drei Lehrkräfteethosdimensionen des Sinnhorizontes, des Berufsverständnisses und der Sozialbeziehungen hängen mit (a) dem positiven Einfluss anderer, (b) dem wahrgenommenen Anspruchs- bzw. Belastungsniveau sowie (c) dem wahrgenommenen Expertisegrad des Lehrberufs zusammen.

6 Methode

6.1 Untersuchungsdesign und Stichprobe

Um die beiden Forschungsfragen zu beantworten sowie die abgeleiteten Hypothesen zu überprüfen, wurden im Wintersemester 2019/20 an zwölf deutschen Universitäten insgesamt 879 Wirtschaftspädagogikstudierende mit einem schriftlichen Fragebogen befragt.[2] Die Befragung fand freiwillig im Rahmen von wirtschaftspädagogischen Lehrveranstaltungen statt und wurde von den standortzugehörigen Professor*innen und wissenschaftlichen Mitarbeiter*innen ermöglicht.[3] Vor der Hauptuntersuchung fand eine Pilotstudie mit 82 Studierenden der Wirtschaftspädagogik statt. Es handelt sich sowohl bei der Pilotierung als auch bei der Hauptuntersuchung um Gelegenheitsstichproben.

Aufgrund erheblicher fehlender Werte mussten insgesamt 18 Personen von den Analysen ausgeschlossen werden, weshalb die finale Stichprobe 861 nutzbare Fälle umfasst (davon 524 weiblich). Der Großteil der Proband*innen war zum Erhebungszeitpunkt zwischen 18 und 21 Jahre (34.6 %) bzw. 22 und 27 Jahre (53.2 %) alt und studierte im Bachelorstudiengang den Schwerpunkt Wirtschaftspädagogik (82.2 %). Etwa 38 % der Studierenden absolvierten vor Studienbeginn eine Berufsausbildung.

6.2 Messinstrumente

Um das Berufsethos abzubilden, wurde auf das Instrument von Bauer (2007) zurückgegriffen. Die drei Konstruktdimensionen des Idealistischen Sinnhorizonts (ISi), Idealistischen Berufsverständnisses (IBe) und der Idealistischen Sozialbeziehungen (ISo) werden jeweils mit einer Subskala abgebildet. Die Originalitems von Bauer wurden auf den wirtschaftspädagogischen Kontext leicht angepasst. Alle Subskalen, jeweils ein Beispielitem, die kongenerischen Reliabilitäten (ω), der Einleitungssatz und die dazugehörigen Antwortskalen sind in Tabelle 1 zu finden. Anhang A enthält alle verwendeten Items zur Messung des Berufsethos.

Tabelle 1:     Beispielitems und kongenerische Reliabilitäten des Instrumentes zur Messung der Berufswahlmotivation

Skala (Anzahl Items)

Beispielitem*

ω

Idealistischer Sinnhorizont (2)**

„Ich habe das Gefühl, mit meiner zukünftigen pädagogischen Arbeit in der beruflichen Bildung (Schule, Ausbildung, Weiterbildung o. Ä.) etwas für die SchülerInnen, Auszubildenden und MitarbeiterInnen erreichen zu können.“

.86

Idealistisches Berufsverständnis (2)**

„Wer nicht aus innerer Überzeugung einen Beruf in der beruflichen Bildung (Lehrkräfte, Ausbildende, Personalentwickelnde o. Ä.) sucht, sollte es lieber ganz bleiben lassen.“

.74

Idealistisches Sozialverhältnis (6)

„In meinem zukünftigen Beruf in der beruflichen Bildung ist mir das Vertrauen der SchülerInnen/Auszubildenden/MitarbeiterInnen sehr wichtig.“

.82

Anmerkungen. * Die Items entstammen Bauer (2007), wurden für den Kontext der vorliegenden Studie leicht adaptiert und mit dem Satz „Im Folgenden geht es um Ihre Auffassungen in Bezug auf Ihre spätere Berufstätigkeit.“ eingeleitet. Zur Beantwortung stand eine Antwortskala von 1= trifft gar nicht zu bis 5 = trifft völlig zu zur Verfügung. ** Aufgrund niedriger Faktorladungen und damit z. T. zusammenhängender niedriger Reliabilitäten wurden die Items ISi3 und IBe1 von den weiteren Analysen ausgeschlossen. ω = Kongenerische Reliabilität.

Die Berufswahlmotivation der teilnehmenden Studierenden wurde mit dem etablierten FIT-Choice-Instrumentarium von Watt und Richardson (2007) in seiner deutschen Übersetzung von Watt et al. (2012) erhoben. Um die Passung auf den Studiengang der Wirtschaftspädagogik herzustellen, wurden einzelne Items leicht verändert sowie die zusätzliche Skala Polyvalenz zur Berücksichtigung des polyvalenten Charakters des Wirtschaftspädagogikstudiums aufgenommen (operationalisiert mit Items angelehnt an Frötschl/Jäcklin/Heinrichs 2018 sowie Krieger et al. 2019). Die einzelnen Skalen, ein Beispielitem, ω als Maß der kongenerischen Reliabilität, der Einleitungssatz sowie die Antwortskalen sind in Tabelle 2 zu finden. Weitere Informationen zu den verwendeten FIT-Choice-Items sowie einer tiefergehenden psychometrischen Überprüfung dieser für die Untersuchung von Studierenden der Wirtschaftspädagogik finden sich in Goller und Ziegler (in Druck).

Tabelle 2:     Beispielitems und kongenerische Reliabilitäten des Instrumentes zur Messung der Berufswahlmotivation

Skala (Anzahl Items)

Beispielitem*

ω

Motivatoren ¹

Wahrgenommene Lehrfähigkeiten (3)

„...ich habe die Qualitäten einer guten Lehrkraft.“

.89

Intrinsischer Wert (2)

„...ich unterrichte gerne.“

.82

Berufliche Sicherheit (3)

„...als Lehrer/in hat man ein gesichertes Einkommen.“

.91

Vereinbarkeit von Beruf und Familie (4)

„...als Lehrer/in mit reduzierter Stundenzahl hätte man mehr Zeit für die Familie.“

.86

Zukunft junger Menschen mitgestalten (2)

„...als Lehrer/in kann ich die nächste Generation beeinflussen.“

.81

Soziale Benachteiligung beheben (2)

„...als Lehrer/in kann ich etwas für die sozial Benachteiligten tun.“

.84

Sozialen Beitrag leisten (3)

„...Lehrer/innen leisten einen wertvollen sozialen Beitrag.“

.88

Arbeit mit Jugendlichen (4)

„...ich arbeite gerne mit Jugendlichen und jungen Erwachsenen.“

.91

Lehr-Lernerfahrung (3)

„...ich selbst hatte inspirierende Lehrkräfte.“

.92

Positiver Einfluss Dritter (3)

„...meine Familie findet, ich sollte Lehrkraft werden.“

.93

Polyvalenz (3)**

„...das Studium lässt mir beruflich viele Wege offen.“

.86

Vorstellungen ²

Belastungsgrad (2)

„...Lehrkräfte sehr viel arbeiten müssen?“

.85

Expertisebedarf (2)

„...Lehrkräfte hohes Fachwissen brauchen?“

.83

Sozialer Status (4)

„...Lehrer/in ein angesehener Beruf ist?“

.88

Gehalt (2)

„...Lehrkräfte gut bezahlt werden?“

.94

Soziales Abraten (2)

„Sind Sie von anderen beeinflusst worden, auch andere Berufe als Lehrer/in zu erwägen?“

.69

Zufriedenheit mit der Berufswahl (2)

„Wie zufrieden sind Sie mit Ihrer Entscheidung, Wirtschaftspädagogik zu studieren?“

.93

Anmerkungen. * Die Items entstammen der Übersetzung von Watt et al. (2012). ** Die Polyvalenzitems orientieren sich im Wortlaut an Frötschl/Jäcklin/Heinrichs (2018) sowie Krieger et al. (2019). ¹ Einleitung der Items mit dem Satzabschnitt „Ich habe mich für das Wirtschaftspädagogikstudium entschieden, denn…“. Nutzung einer 7-stufigen Likerskala von 1 = überhaupt nicht bis 7 = äußerst wichtig. Aufgrund der psychometrischen Befunde von Goller/Ziegler (in Druck) mussten die ursprünglichen Skalen Verlegenheitslösung und Geographische Flexibilität von den Analysen ausgeschlossen werden. ² Einleitung der Items mit dem Satzabschnitt „Waren Sie der Meinung, dass…“. Nutzung einer 7-stufigen Likertskala von 1 = überhaupt nicht bis 7 = äußerst. ω = Kongenerische Reliabilität.

Die psychometrischen Eigenschaften der verwendeten Skalen wurden mittels einer konfirmatorischen Faktorenanalyse auf Basis eines Maximum-Likelihood-Schätzers mit Satorra-Bentler-χ2-Korrektur (vgl. Satorra/Bentler 1994, 399 ff.) sowie robusten Standardfehlern und skalierten Fitindizes überprüft. Zur Überprüfung der globalen Modellgüte kamen folgende Schwellenwerte der verwendeten Fitindizes zu Anwendung (vgl. Hair et al. 2018, 642): CFI > .90, RMSEA < .07 und SRMR < .08. Die geschätzte kongenerische Reliabilität sollte ähnlich zu Cronbachs α über .60 bzw. .70 liegen.

Eine erste Schätzung des Messmodells ergab einen akzeptablen bis guten Fit, χSB²(1405) = 2421.95, p <.001 CFI = .909, RMSEA = .041, SRMR = .049. Gleichzeitig lagen jedoch die Faktorladungen der Berufsethos-Items ISi3 und IBe1 unter .50, was darauf hindeutet, dass sich diese Items nicht zur Operationalisierung der jeweiligen latenten Faktoren eignen. Nach der Entfernung der problematischen Items wurde das Modell erneut geschätzt und erreichte einen leicht besseren Fit, χSB²(1294) = 2266.35, p <.001 CFI = .914, RMSEA = .041, SRMR = .048. Die kongenerischen Reliabilitäten (s. Tabelle 1 und 2) weisen bei allen Skalen außer der FIT-Choice-Skala Soziales Abraten (ω = .69) Werte über .70 auf.

6.3 Analysevorgehen

Zur Beantwortung der ersten Forschungsfrage werden aus den einzelnen Items der Teilskalen manifeste Mittelwertscores berechnet und darauf basierende deskriptive Kennwerte ausgegeben. Zur Testung der Hypothese H1 wird eine latente Mittelwertanalyse genutzt (vgl. Brown 2015, 241 ff.). Hierzu wird im ersten Schritt überprüft, ob skalare Messinvarianz für die Berufsethosskalen zwischen Personen mit dem Berufswunsch, als Lehrkraft im Schuldienst bzw. außerschulisch tätig zu werden, bestehen (z. B. Sass 2011, 347 ff.). Zu diesem Zweck werden drei latente Messmodelle geschätzt, in denen aufeinander aufbauend einzelne Parameter zwischen den beiden Berufswunschgruppen gleichgesetzt werden: (a) konfigural (identische Modellspezifikation in beiden Gruppen), (b) metrisch (identische Faktorladungen in beiden Gruppen) sowie (c) skalar (identische Faktorladungen und Intercepts in beiden Gruppen). Skalare Messinvarianz ist dann erfüllt, wenn die einzelnen Modelle gemäß der oben genannten Schwellenwerte akzeptable Fitwerte aufweisen und sich diese von einem zum nächsten Modell nicht stark verschlechtern. Als Grenzwerte der Veränderung kommen folgende Parameter zu Anwendung (vgl. Chen 2007, 464 ff.): ΔCFI < -.010, ΔRMSEA > .015 und ΔSRMR > .010. In einem zweiten Schritt wird das skalare Messinvarianzmodell zur Schätzung der latenten Mittelwertunterschiede genutzt. Das Alpha-Level wird auf .05 gesetzt. Als Effektstärkemaß wird Cohens d angegeben.

Die zweite Forschungsfrage wird mit den Hypothesen H2 bis H4 auf Basis latenter Korrelationen, welche im Rahmen der konfirmatorischen Faktorenanalyse geschätzt wurden, beantwortet. Der Vorteil der Verwendung latenter Korrelationen besteht darin, dass diese frei von Messfehlern sind. Hierzu ist es jedoch vorab nötig zu prüfen, ob die Skalen zur Erfassung des Berufsethos und der Berufswahlmotivation empirisch unterscheidbare Konstrukte messen (diskriminante Validität). Hierzu kommt das Fornell-Larcker-Kriterium zum Einsatz (vgl. Fornell/Larcker 1981). Gemäß diesem Kriterium sollte die durchschnittliche erfasste Varianz (average variance extracted; AVE) zweier latenter Konstrukte größer als deren quadrierte Korrelation sein.

7 Empirische Befunde

7.1 Ausprägungen des Berufsethos

Abbildung 1 stellt die Ausprägungen der Berufsethosskalen der befragten Wirtschaftspädagogikstudierenden dar. Am höchsten ausgeprägt ist die Idealistische Sozialbeziehung (MW = 4.26, SD = 0.61). Aufgrund der geringen Standardabweichung ist anzunehmen, dass die Befragten die Bedeutsamkeit dieser Berufsethosfacette vergleichsweise homogen einschätzen. Die zweithöchste Ausprägung weist die Skala Idealistischer Sinnhorizont auf (MW = 4.14, SD = 0.80). Die auch hier vergleichsweise geringe Standardabweichung weist erneut auf eine hohe Homogenität im Antwortverhalten der befragten Studierenden hin. Die geringste Ausprägung ist beim Idealistischen Berufsverständnis (MW = 3.40, SD = 1.20) zu finden. Gleichzeitig fiel das Antwortverhalten bezüglich dieser Berufsethosfacette ungleich heterogener aus.

Abbildung 1: Skalenausprägungen des Berufsethos. Mittelwertscores der Skalen auf der x-Achse. Error Bars = StandardabweichungenAbbildung 1: Skalenausprägungen des Berufsethos. Mittelwertscores der Skalen auf der x-Achse. Error Bars = Standardabweichungen

7.2 Berufsethos in Abhängigkeit vom Berufswunsch

Tabelle 3 stellt die Ergebnisse der Prüfung der Messinvarianz zwischen den jeweils definierten Gruppen (schulisch versus außerschulisch) dar. Die Tabelle zeigt, dass nur partielle Messinvarianz nachzuweisen ist. Da jedoch lediglich ein Item der aus insgesamt sechs Items bestehenden Skala Idealistische Sozialbeziehungen als messinvariant identifiziert wurde, kann eine latente Mittelwertanalyse dennoch durchgeführt werden (vgl. Byrne/Shavelson/Muthén 1989, 456 ff.; Sass 2011, 347 ff.).

Tabelle 3:     Messinvarianzprüfung der Ethosskalen im Hinblick auf den Berufswunsch

Modell

χ2SB

df

CFI

RMSEA

SRMR

ΔCFI

ΔRMSEA

ΔSRMR

1 Konfigural¹

112.600

66

.942

.057

.045

     

2 Metrisch

126.798

73

.934

.058

.056

-.008

.001

.011

3 Skalar

148.105

80

.916

.062

.059

-.018

.004

.003

4 Skalar partiell2

141.107

90

.923

.060

.058

-.011

.002

.002

 Anmerkung. ¹ Die Varianz des Items IBe3 musste zur Schätzung des Modells auf Null gesetzt werden (Heywood Case). 2 Freie Schätzung des Items ISi1 zwischen beiden Gruppen.

Abbildung 2 stellt die Unterschiede der Lehrkräfteethosskalen in Abhängigkeit vom Berufswunsch der befragten Studierenden zum Zeitpunkt der Erhebung dar. Studierende, die als Lehrkraft in beruflichen Schulen tätig werden wollen, weisen im Vergleicht zu Studierenden, die außerschulisch arbeiten wollen, signifikant höhere Ausprägungen aller drei Ethosdimensionen auf (p < .05). Die beobachteten Unterschiede bei den Skalen Idealistischer Sinnhorizont und Idealistische Sozialbeziehungen sind jeweils mittelgroß (d > 0.50). Der beobachtete Effekt bei der Skala Idealistisches Berufsverständnis ist hingegen vernachlässigbar klein (d = 0.16).

Abbildung 2: Skalenausprägungen des Berufsethos in Abhängigkeit des Berufswunsches sowie Ergebnisse der zugehörigen latenten Mittelwertanalyse. Mittelwertscores der Skalen auf der x-Achse. Error Bars = StandardabweichungenAbbildung 2: Skalenausprägungen des Berufsethos in Abhängigkeit des Berufswunsches sowie Ergebnisse der zugehörigen latenten Mittelwertanalyse. Mittelwertscores der Skalen auf der x-Achse. Error Bars = Standardabweichungen

7.3 Zusammenhänge von Berufsethos und Berufswahlmotivationen

Tabelle 4 stellt die latenten Korrelationen auf Basis der geschätzten konfirmatorischen Faktorenanalyse unterhalb der Diagonalen dar. Auf der Diagonale befinden sich die Wurzeln der AVE-Werte der einzelnen Skalen, welche zur Überprüfung des Fornell-Lacker-Kriteriums benötigt werden. Es wird ersichtlich, dass die Wurzel der AVE-Werte jeder Lehrkräfteethosskala größer ist als deren bivariate Korrelation mit den Skalen der Berufswahlmotivation. Somit kann das Kriterium der diskriminanten Validität als erfüllt angesehen und die latenten Korrelationen können als Maß des Zusammenhangs verwendet werden.

Von den 51 Korrelationen zwischen den erfassten Dimensionen des idealistischen Berufsethos und den Skalen der Berufswahlmotivation sind 40 signifikant von Null verschieden (< .05). Keine signifikanten Zusammenhänge konnten zwischen den Berufsethosdimensionen und den Skalen Polyvalenz sowie Soziales Abraten beobachtet werden (p > .05). Darüber hinaus erreichten die Zusammenhänge zwischen dem Berufsverständnis und den Skalen Berufliche Sicherheit (p = .845), Vereinbarkeit von Beruf und Familie (p = .639), Eigene Lehr-Lernerfahrung (p = .627), Aktiver Zuspruch (p = .327) sowie Gehalt (p = .526) keine Signifikanz.

Tabelle 4

Zwischen der Ethosdimension Sinnhorizont und den Skalen Soziale Benachteiligung beheben (r = .66; p < .001), Sozialen Beitrag leisten (r = .64; p < .001) sowie Zukunft junger Menschen mitgestalten (r = .60; p < .001) besteht jeweils ein starker positiver Zusammenhang. Hingegen hängt der Sinnhorizont mit den Skalen Arbeit mit Jugendlichen (r = .56; p < .001), Expertisebedarf (r = .42; p = .001), Intrinsischer Wert (r = .40; p < .001), Wahrgenommene Lehrbefähigung (r =.35; p < .001), Sozialer Status (= .35; p < .001), Belastungsgrad (= .27; < .001), Eigene Lehr-Lernerfahrung (r = .23; p < .001), Vereinbarkeit von Beruf und Familie (r = .22; p = .002) sowie Gehalt (r = .22; p = .002) jeweils in mittlerem Maß und mit den Skalen Aktiver Zuspruch (r = .18; p = .004) sowie Berufliche Sicherheit (r = .17; p = .017) in kleinem Maß positiv zusammen.

Zwischen dem Berufsverständnis und den Skalen Sozialen Beitrag leisten (= .29; < .001), Zukunft junger Menschen mitgestalten (= .28; < .001), Wahrgenommene Lehrbefähigung (= .27; < .001), Soziale Benachteiligung beheben (= .26; < .001), Arbeit mit Jugendlichen (= .24; < .001), Intrinsischer Wert (= .23; < .001), Zufriedenheit (= .23; < .001), Expertisebedarf (= .22; = .001), Sozialer Status (= .21; = .002) sowie Belastungsgrad (= .20; = .002) finden sich jeweils mittelstarke positive Zusammenhänge.

Die Berufsethosdimension der Sozialbeziehung hängt mit den Skalen Arbeit mit Jugendlichen (= .47; < .001), Zukunft junger Menschen mitgestalten (= .46; < .001), Soziale Benachteiligung beheben (= .45; < .001), Sozialen Beitrag leisten (= .38; < .001), Intrinsischer Wert (= .38; < .001), Zufriedenheit (= .34; < .001), Wahrgenommene Lehrbefähigung (= .33; < .001), Expertisebedarf (= .33; < .001), Belastungsgrad (= .27; < .001), Sozialer Status (= .22; = .003) sowie Vereinbarkeit von Beruf und Familie (= .21; = .002) jeweils mittelstark und positiv zusammen. Zwischen der Sozialbeziehung und den Skalen Berufliche Sicherheit (= .17; = .006), Aktiver Zuspruch (= .16; = .009), Eigene Lehr-Lernerfahrung (= .14; = .019) sowie Gehalt (= .13; = .023) besteht hingegen ein jeweils kleiner positiver Zusammenhang.

8 Diskussion und Limitationen

8.1 Ausprägung des Berufsethos bei Wirtschaftspädagog*innen

Die Ergebnisse in Kapitel 7.1 zeigen, dass das anfänglich ausgeprägte Berufsethos von Wirtschaftspädagogikstudierenden bereits in der universitären Ausbildungsphase relativ stark ist. So liegt selbst der niedrigste Mittelwert deutlich über dem theoretischen Mittel der verwendeten Antwortskala. Dieses Ergebnis stimmt mit den Resultaten von Gawlitza und Perels (2013, 18) überein. Die Autorinnen zeigen in ihrer Studie ebenfalls, dass die Mittelwerte der eingesetzten Ethosskalen ausgehend von den Einschätzungen Studierender allgemeinbildender Schulen jeweils über dem Skalenmittelwert lagen.

In der vorliegenden Studie wies die Ethosdimension Sozialbeziehung den höchsten Mittelwert auf. Im Rahmen dieser Dimension schätzten die angehenden Wirtschaftspädagog*innen ein, inwiefern sie die Individualität von Lernenden anerkennen (vgl. Bauer 2007, 193 ff.). Ein Grund für die hohe Ausprägung dieser Skalen kann sein, dass im Basiscurriculum des Studienfachs Wirtschaftspädagogik u. a. das Thema Heterogenität bzw. Individualität von Schüler*innen enthalten ist (z. B. Sektion Berufs- und Wirtschaftspädagogik der DGfE 2014, 7 f.). Entsprechend ist anzunehmen, dass Wirtschaftspädagogikstudierende im Studium für die mit Heterogenität einhergehende Individualität von Lernenden sensibilisiert werden, was vor dem Hintergrund der hohen Heterogenität der Schüler*innen, insbesondere in Berufsschulen, sinnvoll erscheint (vgl. BAMF 2020, 3 ff.; Heinrichs/Reinke/Ziegler 2018, 221 f.). Somit kann vermutet werden, dass viele der befragten Wirtschaftspädagogikstudierenden solche Inhalte bereits behandelten und verinnerlichten.

Die starke Ausprägung der Berufsethosdimension Sozialbeziehung könnte aber auch damit erklärt werden, dass die Studienteilnehmer*innen möglicherweise bereits Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit beruflichen Akteur*innen und deren individuellen Persönlichkeitsmerkmalen gesammelt haben. Gelegenheiten dafür werden z. B. in der vorherigen Ausbildung oder in Praktika gesehen. Diesbezüglich wäre anzunehmen, dass sich die Studierenden bereits im Rahmen ihrer Studienwahl mit der Individualität potenzieller beruflicher Akteur*innen auseinandersetzten. Diese Hypothese könnte in weiteren Analysen auf den Grund gegangen werden, die jedoch außerhalb der Zielsetzung der vorliegenden Studie lagen. Auch das Studium selbst, welches im Bereich der Wirtschaftspädagogik häufig eine gewisse Interaktivität unter Studierenden oder mit (außer-)schulischen Kooperationspartner*innen verlangt (vgl. z. B. Profil der Bamberger Wirtschaftspädagogik 2020), könnte die hohe Anerkennung von Individualität begründen. Da sowohl bei den Wirtschaftspädagogikstudierenden als auch bei Studierenden anderer Lehrämter eine starke soziale Orientierung festgestellt wurde (z. B. Glutsch/König 2019; Goller et al. 2019; König/Rothland 2013), wäre ein detaillierter Vergleich der jeweiligen Studienstruktur interessant.

Der Mittelwert der Ethosdimension Sinnhorizont fällt am zweitstärksten aus. Hier wird die Gewissheit der Wirtschaftspädagogikstudierenden adressiert, dass ihr (potenzielles) berufliches Tun sinnhaft ist. Auch in der Studie von Gawlitza und Perels (2013, 18) liegen die Mittelwerte der annähernd äquivalenten Ethosskala (Befriedigung aus der Unterrichtsarbeit) im oberen Bereich. Der berufliche Nutzen bzw. Sinn entwickelt sich u. a. aus persönlichen Interessen sowie aus dem Aufbau von fachspezifischen Fähigkeiten (vgl. Herrmann 2013, 159). Aufgrund der Studienwahl kann ein gewisses persönliches Interesse am Studienfach bei den Studienteilnehmer*innen unterstellt werden. Der Aufbau von fachspezifischem Wissen und Fähigkeiten ist weiterhin ein zentraler Bestandteil der universitären Lehrkräftebildung (vgl. Terhart 2000, 44) – so auch im Wirtschaftspädagogikstudium (Bamberger Wirtschaftspädagogik 2020), wodurch die bereits recht starke Ausprägung dieser Ethosdimension zum Erhebungszeitpunkt plausibel erscheint.

Die Ausprägung der Dimension Berufsverständnis fällt im Vergleich der drei Berufsethosdimensionen zwar immer noch überdurchschnittlich, aber dennoch am schwächsten aus. Das Berufsverständnis gibt Auskunft darüber, inwiefern Individuen dem eigenen (zukünftigen) beruflichen Handeln emotionale Bedeutung zusprechen. Es wird also explizit die emotionale Bedeutung des Berufs angesprochen. Emotionen entstehen aufgrund einer Situation und deren subjektiver Interpretation eines Individuums (z. B. Roseman 2001, 68 ff.). Dieser Mechanismus kann auch für die Zuschreibung emotionaler Bedeutung angenommen werden. Auf das Berufsverständnis übertragen, müssen also zunächst berufliche Situationen erlebt werden, um ihnen emotionale Bedeutung zuzuschreiben. Da sich die befragten Studierenden zum Zeitpunkt der Befragung allerdings noch in der universitären Ausbildung befanden, konnten sie gegebenenfalls noch keine bzw. sehr geringe Erfahrungen im Berufshandeln sammeln. Folglich ist zu vermuten, dass die emotionale Bedeutung noch nicht gänzlich ausgebildet ist, was den in Relation geringer ausfallenden Mittelwert des Berufsverständnisses erklären kann.

8.2 Ausprägung des Berufsethos in Abhängigkeit vom Berufswunsch

Die in Hypothese H1 geäußerte Annahme, dass sich angehende Wirtschaftspädagog*innen, die zum Befragungszeitpunkt den Berufswunsch Lehrkraft haben, hinsichtlich des anfänglich ausgebildeten Berufsethos von Wirtschaftspädagogikstudierenden unterscheiden, die eine Tätigkeit außerhalb des Schuldienstes anstreben bzw. noch unentschlossen sind, konnte weitgehend gestützt werden (vgl. Kapitel 7.2). Das generell bereits stark ausgeprägte Berufsethos ist bei den Studierenden, die im Anschluss an das Studium das Referendariat antreten möchten, signifikant höher als bei den Studierenden, die nach Abschluss des Studiums eine außerschulische Tätigkeit anstreben oder noch unentschlossen sind. Dieses Ergebnis spricht dafür, dass die professionelle Orientierung, Lehrkraft zu werden, mit einer hohen Ausprägung von Berufsethos einhergeht. Ähnliche Befunde zeigen sich bei Studierenden des allgemeinen Lehramtes (vgl. Gawlitza/Perels 2013, 7).

Inhaltlich lässt die mittlere Effektstärke des Unterschieds der Berufsethosdimension des Sinnhorizonts annehmen, dass der Berufswunsch Lehrkraft mit einer höher wahrgenommenen Sinnhaftigkeit der beruflichen Tätigkeit einhergeht als ein außerschulischer bzw. unbestimmter Berufswunsch. Nach Herrmann (2013, 159 f.) erkennen Berufstätige nahezu unabhängig vom ergriffenen Beruf einen dazugehörigen Sinn bzw. Nutzen. Es kann also interpretiert werden, dass, wenn sich eindeutig für den Beruf der Lehrkraft entschieden wird, diesem auch verstärkt ein Sinn zugesprochen wird. Diese Interpretation kann weiterführend damit unterstützt werden, dass die Antwortmöglichkeiten alternativer Berufswünsche im Fragebogen unkonkreter ausfielen. So wurde lediglich pauschal nach angestrebten außerschulischen Berufswünschen gefragt, ohne diese zu konkretisieren.

Der Unterschied in den Gruppen bezüglich ihrer Wichtigkeitseinschätzung von Individualität (Sozialbeziehungen) kann dahingehend interpretiert werden, dass sich Studierende mit dem Berufswunsch Lehrkraft stärker mit schulischen Studieninhalten auseinandersetzen wie Studierende, die eine außerschulische Tätigkeit anstreben. So ist zu vermuten, dass erstgenannte Studierendengruppe Themen wie Heterogenität in der Schule stärker verinnerlichen und versuchen, dessen Wichtigkeit auf das spätere Arbeitsfeld zu assoziieren. Durch diesen aktiveren Verknüpfungsversuch zwischen theoretischen Studieninhalten und der praktischen Unterrichtspraxis kann von einer höheren Wichtigkeitseinschätzung ausgegangen werden, was die stärkere Ausprägung der Sozialbeziehungen bzw. der darin enthaltenen Bedeutung von Individualität der Lernenden erklären würde.

In Bezug auf die Berufsethosdimension des idealistischen Berufsverständnisses wurde zwischen den Studierendengruppen zwar ein signifikanter, aber lediglich ein kleiner Effekt gefunden. Folglich würden mögliche Interpretationen auf einer unbefriedigenden empirischen Grundlage basieren. Daher wird von einer weiterführenden Interpretation abgesehen.

Die Ergebnisse der Mittelwertvergleiche können auch messmethodisch gedeutet werden. So beziehen sich die Ursprungsitems des Konstrukts Berufsethos von Bauer (2007) auf schulische Kontexte. Wenngleich die Items für die verschiedenen wirtschaftspädagogischen Tätigkeitsfelder adaptiert wurden, greifen sie im Kern dennoch insbesondere schulnahe Phänomene und Situationen auf. Entsprechend plausibel erscheint es, dass die Studierenden mit dem Berufswunsch Lehrkraft in den Itemeinschätzungen höhere Werte erzielen.

Bezüglich der aufgezeigten Berufsethosausprägungen ist weiterhin zu erinnern, dass die Angaben von angehenden Wirtschaftspädagog*innen stammen. Die Studierenden befinden sich also noch in der universitären Ausbildung. Konkret die Lehrkräftebildung ist mit der universitären Phase jedoch nicht abgeschlossen. Vielmehr trägt die zweite Phase des Referendariats bzw. die dritte Phase der Weiterbildung zum Professionalisierungsprozess bei. Dieser Entwicklungsverlauf ist auch für das Berufsethos von Lehrkräften anzunehmen (vgl. Terhart 2000, 8, 56, 125 f.). So ist es möglich, dass sich die Ausprägung des Berufsethos der befragten Studierenden und insbesondere der Studierenden mit dem Berufswunsch Lehrkraft im weiteren Verlauf der Ausbildung und der späteren Berufstätigkeit verändert.

8.3 Zusammenhang von Berufsethos und Berufswahlmotivation

In Hypothese H2 wurde angenommen, dass die drei Lehrkräfteethosdimensionen des Sinnhorizontes, Berufsverständnisses und der Sozialbeziehungen positiv mit verschiedenen Facetten der Berufswahlmotivation korrelieren. Diese Vermutung kann aufgrund der durchgeführten Korrelationsanalysen weitgehend gestützt werden. So korrelieren der Sinnhorizont, das Berufsverständnis und die Sozialbeziehungen signifikant und positiv mit der wahrgenommenen Lehrbefähigung, dem intrinsischen Wert, allen Subskalen der sozialen Vorteile der Berufswahl (Zukunft von Jugendlichen mitgestalten, soziale Benachteiligung beheben, sozialen Beitrag für Gesellschaft leisten und Freude an der Arbeit mit Jugendlichen) und dem sozialen Status. Mit diesem Resultat können die identifizierten Gemeinsamkeiten des Berufsethos und der Berufswahlmotivation weitgehend in fundierte Zusammenhangserkenntnisse überführt werden. Lediglich der angenommene Zusammenhang zwischen dem Berufsverständnis und der eigenen Lehr-Lern-Erfahrung bleibt aufgrund eines nicht signifikanten Ergebnisses unbestätigt.

Aufgrund psychometrischer Probleme konnten die in Hypothese H3 postulierten Zusammenhänge zwischen den Berufsethosdimensionen sowie der Verlegenheitslösung und der geographischen Flexibilität nicht empirisch überprüft werden. In Bezug auf die übrigen Variablen der Berufswahlmotivation – persönlicher Vorteil des Berufs (Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie berufliche Sicherheit) und das Gehalt – zeigt sich ein hypothesenwidersprechendes Ergebnis. So hängen die genannten Berufswahlmotivationsfacetten erstens in positiver Richtung und zweitens lediglich mit den zwei Berufsethosdimensionen des Sinnhorizonts und der Sozialbeziehungen signifikant zusammen. So kann zwar weiterhin an den inhaltlichen Gegensätzlichkeiten der Berufsethos- versus der Berufswahlmotivationsskalen festgehalten werden, allerdings scheinen die dahinterstehenden Einstellungen bei den Studierenden nicht in dem Maß zu konkurrieren, als dass sie nicht gleichzeitig mental bestehen könnten. Vielmehr scheint eine hohe Sinnhaftigkeit des Berufs (Sinnhorizont) mit persönlichen Vorteilen und der Vorstellung von einem angemessenen Gehalt vereinbar zu sein.

In Bezug auf die ungerichtete Hypothese H4 kann erkannt werden, dass die Berufswahlmotivationsfacette Einfluss von anderen ausschließlich mit den Berufsethosdimensionen des Sinnhorizontes und der Sozialbeziehungen in signifikanter, positiver Verbindung steht. Das wahrgenommene Anspruchs- bzw. Belastungsniveau des Lehrberufs und der wahrgenommene Expertisegrad hängen hingegen mit allen drei Lehrkräfteethosdimensionen positiv zusammen. Diese positiven Zusammenhänge zwischen den drei Berufsethosdimensionen und dem wahrgenommene Anspruchs- bzw. Belastungsniveau sowie dem Expertisegrad können wiederum mit der langwierigen Ausbildung von Lehrprofessionalität erklärt werden (vgl. Terhart 2000, 8 ff.). So kann vermutet werden, dass sich Wirtschaftspädagogikstudierende dem notwendigen Anspruchsniveau und dem damit einhergehenden Expertisegrad der späteren Tätigkeit bewusst sind und diesem mit Professionalisierung, auch in Bezug auf das Berufsethos, gerecht werden möchten.

8.4 Limitationen der Studie

Limitierend ist zu den Ergebnissen und den Interpretationen anzuführen, dass zwar eine breite Stichprobe von Wirtschaftspädagogikstudierenden an verschiedenen Studienstandorten befragt wurde, die Daten dadurch jedoch auch eine gewisse Heterogenität aufweisen. So basieren die Wirtschaftspädagogikstudiengänge beispielsweise nicht auf einem einheitlichen Studiensystem. Auch begannen die Proband*innen zu verschiedenen Zeitpunkten das Studium, weisen entsprechend unterschiedliche Studienfortschritte auf und befinden sich nicht einheitlich im Bachelor- oder Masterstudium. Die Kontrolle dieser standortspezifischen Einflussfaktoren wurde jedoch in diesem Beitrag nicht fokussiert, da zunächst die grundlegende Ausprägung von Berufsethos im Studium sowie der generelle Zusammenhang zwischen Berufsethos und Berufswahlmotivationen den Kern der Untersuchung ausmachten. Eine weiterführende Limitation ist, dass Messfehler im Bereich Common Method Variance bestehen können, da die Erhebung zu einem einzigen Zeitpunkt stattfand (vgl. Podsakoff et al. 2003). Darüber hinaus lässt sich soziale Erwünschtheit bei der Beantwortung der Items, insbesondere in Bezug auf die idealistischen Berufsethosskalen, nicht vollständig ausschließen. Aufgrund des querschnittlichen Designs können keine Kausalaussagen getätigt werden. Um weitere Kausalanalysen zum Zusammenhang des Berufsethos und der Berufswahlmotivation realisieren zu können, wären längsschnittliche Daten notwendig. In den Analysen wurden weiterhin keine Kontrollvariablen berücksichtigt. Folglich kann nicht ausgeschlossen werden, dass die identifizierten Unterschiede zwischen den Studierendengruppen sowie die Zusammenhänge zwischen dem Berufsethos und der Berufswahlmotivation von Drittvariablen mediiert und/oder moderiert werden.

9 Ausblick und Fazit

In dem vorliegenden Beitrag wurden Berufsethos und die Berufswahlmotivation als theoretisch und empirisch relevant für die Ausbildung und die Tätigkeit von (angehenden) Berufsschullehrkräften herausgestellt. Zudem wurde aufgezeigt, dass einerseits zu der Ausprägung von Berufsethos im Studium und andererseits zu dem Zusammenhang beider Konstrukte Forschungspotenzial besteht. Auf Basis einer standortübergreifenden Erhebung mit 879 Studierenden der Wirtschaftspädagogik wurde sich diesem Forschungsdesiderat genähert. Die empirischen Daten zeigen, dass bei den befragten (angehenden) Wirtschaftspädagog*innen bereits ein recht ausgeprägtes Berufsethos vorhanden ist. Die Berufsethosausprägungen unterscheiden sich weiterhin zwischen Studierenden, die eine Tätigkeit in der Schule versus eine außerschulische Tätigkeit anstreben, zugunsten der erstgenannten Gruppe. Überdies konnten die angenommenen positiven Zusammenhänge zwischen den Konstrukten weitgehend unterstützt, die angenommenen negativen Verbindungen hingegen nicht bestätigt werden.

Auf Basis dieser Ergebnisse wurden verschiedene Interpretationen angeführt, die wiederum die Ableitung verschiedener Implikationen erlauben. So scheint es empfehlenswert, Studierende hinsichtlich der nach dem Studium möglichen beruflichen Tätigkeiten umfassender aufzuklären, um die Berufswahl zu unterstützen. Dies erscheint wichtig, da die konkrete Vorstellung von bzw. die klare Entscheidung für einen Beruf mit einer grundsätzlich stärkeren Nutzenzuschreibung der Studieninhalte einhergehen kann (vgl. Herrmann 2013, 159 f.). Eine weitere Implikation ist, die Erfahrungen der Studierenden mit verschiedenen Berufsphänomenen im Studium einzubeziehen bzw. die Studierenden dabei zu unterstützen, eigene berufliche Erfahrungen zu machen. Durch den Einbezug vergangener bzw. durch die Initiierung beruflicher Erfahrungen kann die emotionale Bedeutung, die dem Beruf zugeschrieben wird, erhöht werden. Beides – die Nutzen- und die emotionale Bedeutungszuschreibung – kann sich wiederum in einer verstärkten Verinnerlichung der Studieninhalte niederschlagen, was weiterführend zur Professionalisierung der Studierenden beiträgt. Die ausschließlich positiven Zusammenhänge zwischen Berufsethos und Berufswahlmotivation lassen es ferner sinnvoll erscheinen, Studierende über beide psychologische Konstrukte aufzuklären. Das kann dazu beitragen, die eigene berufliche Laufbahnentwicklung besser nachzuvollziehen, was wiederum mit einer Festigung bzw. Klärung der eigenen Motivation sowie der eigenen idealistischen Vorstellung einhergehen kann. Zudem wäre es aufgrund des gefundenen Zusammenhangs zwischen Berufsethos und Berufswahlmotivation interessant, deren gemeinschaftliche Wirkung auf lern- und leistungsrelevante Outcomevariablen wie beispielsweise die Studien- und Berufszufriedenheit bzw. die Qualität des studienbezogenen und beruflichen Handelns näher zu untersuchen. Darüber hinaus könnten die verschiedenen Studienstandorte, auf die im Rahmen dieser Studie zurückgegriffen wurde, verstärkt in den Analysen berücksichtigt werden. Ziel wäre es dabei zu untersuchen, inwiefern sich die beobachtete Varianz in den Ethos- und Motivausprägungen durch bestimmte Studienstrukturen der einzelnen Standorte erklären lässt. Zusätzlich könnte mittels personenzentrierter Analyseverfahren (z. B. LPA) nach verschiedenen Teilpopulationen mit homogenen Ethos- und Motivausprägungen gesucht werden.

Literatur

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Ziegler, S. (2020): Wertschätzungsverhalten und -handeln als Manifestation der Sozialfacette von Ethos der Lehrkräfte in beruflichen Schulen (Dissertation, Universität Bamberg). Bamberg.

Anhang A

Tabelle A1. Items und Skalen zur Messung des Berufsethos.

Code

Items*

Idealistischer Sinnhorizont**

BE_IS1

Ich habe das Gefühl, mit meiner zukünftigen pädagogischen Arbeit in der beruflichen Bildung (Schule, Ausbildung, Weiterbildung o. Ä.) etwas für die Gesellschaft erreichen zu können.

BE_IS2

Ich habe das Gefühl, mit meiner zukünftigen pädagogischen Arbeit in der beruflichen Bildung (Schule, Ausbildung, Weiterbildung o. Ä.) etwas für die SchülerInnen, Auszubildenden und MitarbeiterInnen erreichen zu können.

BE_IS3**

Ich habe das Gefühl, mit meiner zukünftigen pädagogischen Arbeit in der beruflichen Bildung (Schule, Ausbildung, Weiterbildung o. Ä.) etwas zu dem Erfolg der Schule/des Unternehmens beitragen zu können.

Idealistisches Berufsverständnis

BE_IB1**

In der beruflichen Bildung sehe ich pädagogisches Personal (Lehrkräfte, Ausbildende, Personalentwickelnde o. Ä.) als ungeeignet an, welches diese Arbeit ausschließlich zum Zweck des Geldverdienens ausführt.

BE_IB2

Man sollte niemanden zur Ausbildung eines Berufs in der beruflichen Bildung (Lehrkräfte, Ausbildende, Personalentwickelnde o. Ä.) zulassen, der in diesem Beruf ausschließlich die sichere, krisenfeste Arbeitsstelle sucht.

BE_IB3

Wer nicht aus innerer Überzeugung einen Beruf in der beruflichen Bildung (Lehrkräfte, Ausbildende, Personalentwickelnde o. Ä.) sucht, sollte es lieber ganz bleiben lassen.

Idealistisches Sozialverhältnis

BE_ILS1

In meinem zukünftigen Beruf in der beruflichen Bildung ist mir die persönliche Zusammenarbeit mit den SchülerInnen/Auszubildenden/MitarbeiterInnen sehr wichtig.

BE_ILS2

In meinem zukünftigen Beruf in der beruflichen Bildung ist mir das Vertrauen der SchülerInnen/Auszubildenden/MitarbeiterInnen sehr wichtig.

BE_ILS3

In meinem zukünftigen Beruf in der beruflichen Bildung ist ein wichtiger Aspekt, die SchülerInnen/Auszubildenden/MitarbeiterInnen auch bei der allgemeinen Gestaltung ihres Lebens zu unterstützen.

BE_ILS4

In meinem zukünftigen Beruf in der beruflichen Bildung ist ein wichtiger Aspekt, eine persönliche Atmosphäre in der Zusammenarbeit mit den SchülerInnen/Auszubildenden/MitarbeiterInnen zu schaffen.

BE_ILS5

In meinem zukünftigen Beruf in der beruflichen Bildung ist ein wichtiger Aspekt, persönliches Engagement für die einzelnen SchülerInnen/Auszubildenden/MitarbeiterInnen zu zeigen.

BE_ILS6

In meinem zukünftigen Beruf in der beruflichen Bildung beruht pädagogisches Handeln vor allem auf Einfühlungsvermögen.

 

[1]      Aufgrund des polyvalenten Charakters des Wirtschaftspädagogikstudiums ist daneben auch eine außerschulische Tätigkeit möglich (vgl. Arnold 2015, 43; Schützenmeister 2002, 27 sowie Guggemos 2018, 551 ff.).

[2]    Wenngleich interessante Aspekte in standortspezifischen Analysen gesehen werden, spielen Vergleiche zwischen den unterschiedlichen Studienorten in diesem Beitrag u. a. aufgrund standortspezifischer Besonderheiten wie der unterschiedlichen Proband*innenzahl keine Rolle.

[3]    Es nahmen Studierende der Universitätsstandorte Bamberg, Dresden, Frankfurt a. M., Göttingen, Hohenheim, Kassel, Konstanz, München (LMU und TUM), Mainz, Mannheim und Paderborn teil. An dieser Stelle möchten wir uns ganz herzlich bei folgenden Kolleg*innen bedanken, welche die Studie vor Ort ermöglicht haben: Franziska Bouley, Juliane Fuge, Roland Happ, Rico Hermkes, Mandy Hommel, Tobias Jenert, Manuel Förster, Tobias Kärner, Jens Klusmeyer, Christine Kreuzer, Sebastian Kirchknopf, Kristina Kögler, Gerhard Minnameier, Andreas Rausch, Stephan Schuhmann, Matthias Söll, Jürgen Seifried, Christin Siegfried, Julia Warwas sowie Susanne Weber.

Zitieren des Beitrags

Ziegler, S./Goller, M. (2021): Zum Zusammenhang von Berufsethos und der Berufswahlmotivation angehender Wirtschaftspädagog*innen. In: bwp@ Spezial 18: Studierende der Berufs- und Wirtschaftspädagogik: (Un-)bekannte Wesen? Hrsg. v. Grunau, J./Jenert, T. 1-29. Online: https://www.bwpat.de/spezial18/ziegler_goller_spezial18.pdf (23.02.2021).