bwp@ Spezial 18 - Februar 2021

Studierende der Berufs- und Wirtschaftspädagogik: (Un-)bekannte Wesen?

Hrsg.: Janika Grunau & Tobias Jenert

Wirtschaftspädagogik studieren? – Studienprogramme und exemplarische Einblicke in Sichtweisen von Studierenden

Beitrag von H.-Hugo Kremer & Eileen Mauer
Schlüsselwörter: Wirtschaftspädagogik, Studienprogramme, Übergänge, Studienplanung, Studienorientierung

Ein wirtschaftspädagogisches Studium kann über die Lehramtsausbildung oder auch alternativ über ein Studium der Wirtschaftswissenschaften oder einen vergleichbaren Studiengang, welcher einen Zugang zu entsprechenden Masterstudiengängen der Wirtschaftspädagogik eröffnet, aufgenommen werden. Die Wege sind entsprechend vielfältig. Hierbei stellt sich die Frage, ob und inwiefern Wirtschaftspädagogikstudierende als solche gekennzeichnet werden können und wann eine wirtschaftspädagogische Professionalisierung individuell aufgenommen wird. Der vorliegende Beitrag gibt einen Einblick in wirtschaftspädagogische Studienprogramme an der Universität Paderborn. Dabei wird deutlich, dass das wirtschaftspädagogische Studium in seiner Vielfalt zu differenzieren ist und sich dabei auch unterschiedliche Zugänge zur Wirtschaftspädagogik eröffnen. Besonders im Fokus steht der Zugang zu wirtschaftspädagogischen Studiengängen aus wirtschaftswissenschaftlichen Bachelorstudiengängen heraus. Hierzu werden exemplarisch Studienplanungen von Bachelorstudierenden der Wirtschaftswissenschaften betrachtet. Es wird untersucht, inwiefern Perspektiven der Wirtschaftspädagogik eröffnet werden in einem Studium, welches durch die fachliche Breite viele berufliche Möglichkeiten in der Wirtschaft anbietet. Die Ergebnisse geben hier Einblicke in studentische Vorstellungen und Motivlagen und zeigen, wie wirtschaftspädagogische Interessen individuell aufgenommen werden. Der Beitrag greift Wege in die Wirtschaftspädagogik über die institutionelle Perspektive im Rahmen der Studienprogramme und über die individuelle Perspektive im Rahmen der Studienplanungen von Studierenden auf und nimmt hier Diskussionen für weitere Fragestellungen auf beiden Ebenen auf.

1 Wege in die Wirtschaftspädagogik

Das Studium der Wirtschaftspädagogik findet sich in sehr unterschiedlichen Formen, so z. B. als eigenständiger Studiengang mit einer polyvalenten Ausrichtung, als Studium mit dem Ziel Lehramt an berufsbildenden Schulen oder eingebunden in andere sogenannte Fachwissenschaftliche Studienprogramme. Bereits die Abgrenzung Fachwissenschaften und Wirtschaftspädagogik geht mit der Gefahr einher, dass genau genommen die Abgrenzung von Fachwissenschaft und Wirtschafts- und Berufspädagogik irreführend sein kann.

Das Studium der Wirtschaftspädagogik bereitet auf verschiedene Tätigkeitsfelder vor wie z. B. betriebliche Aus- und Weiterbildung, Personalentwicklung, Berufsbildende Schulen, sowie z. B. Handwerkskammer, aber auch auf Tätigkeiten im Rechnungswesen, Marketing oder in der Unternehmensführung. Wirtschaftspädagogische Studiengänge waren traditionell polyvalent auf schulische und außerschulische Tätigkeitsfelder angelegt; mit den Reformen wurde dies zumindest am Standort Paderborn in jeweils spezifische Studiengänge überführt. So streben Studierende im Masterstudiengang Wirtschaftspädagogik (M. Ed.) Tätigkeiten an berufsbildenden Schulen an. Studierende im Masterstudiengang Wirtschaftspädagogik (M. Sc.) verfolgen berufliche Perspektiven im betrieblichen Kontext wie in Unternehmensberatungen, in betrieblichen Personal- und Weiterbildungsabteilungen oder aber auch im öffentlichen Sektor in der Bildungsverwaltung. Eine klare Abgrenzung eines Studiums der Wirtschaftspädagogik fällt aufgrund der bestehenden Strukturen und Vielfältigkeit in der inhaltlichen Ausrichtung entsprechend schwer. Es stellt sich so bereits die Frage, wann Studierende als Wirtschaftspädagogikstudierende gekennzeichnet werden können. Ebenso kann die Frage aufgeworfen werden, wann eine wirtschaftspädagogische Professionalisierung im Studium ansetzt. Der Beitrag von Bachelor- und Masterphase kann in den Studienkonzepten durchaus unterschiedlich angelegt sein und steht zudem im Zusammenhang mit Fragen des tatsächlichen Zugangs von Studierenden in die wirtschaftspädagogischen Studienprogramme. Der Zugang zu den Masterstudiengängen wird teilweise und (ggf. unter formal zu erfüllenden Auflagen) auch für Studierende eröffnet, die einen vergleichbaren Abschluss an Fachhochschulen erworben haben. So kann der Einstieg nach fachwissenschaftlichen Bachelorstudiengängen durchaus unterschiedlich gehandhabt bzw. eröffnet werden. Dementsprechend können sich die konsekutiven Studierendenquoten unterscheiden.

Der vorliegende Beitrag zielt darauf ab, die Anlage und Logik der wirtschaftspädagogischen Studienprogramme am Standort Paderborn aufzuzeigen und im Hinblick auf die beiden Masterstudiengänge der Wirtschaftspädagogik unterschiedliche Wege in diese Masterprogramme aufzudecken. Hierbei werden Studienwege aus Sicht der Hochschule resp. des für die Studiengänge verantwortlichen Departments Wirtschaftspädagogik aufgezeigt. Darüber hinaus werden Einblicke in die Sichtweisen und Perspektiven von Studierenden im Bachelorstudiengang Wirtschaftswissenschaften gegeben, welche im Rahmen des Studienprogramms eine Studienplanung aufnehmen und damit aktiv Studienentscheidungen und -orientierungen vornehmen müssen. Dabei beschäftigen wir uns mit der Frage, wie Bachelorstudierende ihre Studienplanung vornehmen und ihren Studienverlauf im Hinblick auf persönliche Ziele, Wünsche und Vorstellungen ausrichten. Eine weitere Frage ist, wie bzw. warum Studierende insbesondere wirtschaftspädagogische Anteile im wirtschaftswissenschaftlichen Studium integrieren und so Wege in die Wirtschaftspädagogik finden. Hier kann auf Befragungen von Studienanfänger*innen in den Bachelorprogrammen und deren Studienplanungen zurückgegriffen werden. Der Beitrag möchte so die Fragestellung weiter differenzieren und für weitere Studien auch unterschiedliche Forschungs- und Entwicklungszugänge aufzeigen.

2 Wirtschaftspädagogische Studienprogramme an der Universität Paderborn

2.1 Darstellung und Annäherung an Studienprogramme – Wege in wirtschaftspädagogische Studienprogramme

Im Zuge der internationalen Umgestaltung der Studienstrukturen wurden die traditionellen Diplom- und Magisterstudiengänge und zum Teil auch die Lehramtsstudiengänge fast vollständig von den Bachelor- und Masterabschlüssen abgelöst. (vgl. Quast/Lörz 2019, 4f.). Das Studium der Wirtschaftspädagogik war in der Vergangenheit traditionell eng mit dem Handelslehrerstudium verbunden und mit dem Abschluss Diplom-Handelslehrer*in (Dipl.-Hdl.) polyvalent auf schulische und außerschulische Tätigkeitsfelder ausgerichtet. Die Studiengänge in Nordrhein-Westfalen hatten hierbei die Besonderheit, dass neben dem Dipl.-Hdl.-Studium ein Lehramtsstudium mit Fokus auf Unterrichtsfächer für berufsbildende Schulen etabliert war. Diese Struktur war vor der sogenannten Bologna-Reform mit der Einführung einer Bachelor- und Masterstruktur auch in Paderborn vorhanden (zur Umstellung der Studiengänge vgl. Kremer/Sloane 2007). Die Einführung der Bachelor-/Masterstruktur hat dann schrittweise zu einem weiter differenzierten wirtschaftspädagogischen Studienangebot in Nordrhein-Westfalen geführt. Als Zugang zum Lehramt an Berufskollegs wurde der Studienabschluss Master of Education (M. Ed.) eingefordert; die bisherige Polyvalenz über die Vergabe eines Master of Science (M. Sc.) Wirtschaftspädagogik konnte nicht eröffnet werden. Damit war es erforderlich, die bisherige polyvalente Anlage des Studiengangs M. Sc. Wirtschaftspädagogik aufzulösen und zwei Studiengänge einzurichten – einen Studiengang, der auf das Lehramt an Berufskollegs vorbereitet und mit einem Master of Education abschließt und einen Studiengang M. Sc., der auf außerschulische berufs- und wirtschaftspädagogische Tätigkeitsfelder ausgerichtet ist.

Der Zugang zu diesen Studiengängen wird über Zugangsvoraussetzungen geregelt, die für den Lehramtsbereich die Vorgaben der Lehramtszugangsverordnung berücksichtigen und für den M. Sc. Wirtschaftspädagogik über wirtschaftspädagogische Studienanteile eine Basis für ein erfolgreiches Masterstudium sicherstellen sollen. Diese Studiengänge stehen in gewisser Weise in der Nachfolge des Diplomstudiengangs Dipl.-Hdl., der in der ersten Umstellungsphase von Diplomstrukturen zu Masterstrukturen auch als polyvalenter Studiengang für beide Studienrichtungen mit dem M. Sc. abgeschlossen werden konnte. Die Lehramtszugangsverordnung erfordert nun einen M. Ed. für den Einstieg in das Lehramt, womit eine Trennung dieser beiden Studiengänge erforderlich war. Gewissermaßen wurde die polyvalente Anlage eines Studiengangs durch zwei vergleichbar strukturierte Studiengänge ersetzt. Dies führt dazu, dass die Studierenden nicht mehr nach der Wahl des Studiengangs das Tätigkeitsfeld wählen können, sondern bereits im Vorfeld eine Entscheidung treffen müssen.

Daneben wurde die Ausbildung für das Lehramt an Berufskollegs in die Bachelor- und Masterstrukturen überführt. Im Rahmen dieses Konzepts besteht die Möglichkeit, die berufliche Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften mit einem Unterrichtsfach oder einer weiteren beruflichen Fachrichtung zu studieren. Diese Studienkombination ist dann auch bereits auf Bachelorebene zu studieren[1]. Damit ist insgesamt eine vielschichtige Struktur genuin wirtschaftspädagogischer Studiengänge in Paderborn entstanden, die in der folgenden Übersicht veranschaulicht wird (s. Abbildung 1). Dabei wird auf Bachelorebene noch der an der Universität Paderborn studierbare Zugang über den Bachelor Wirtschaftswissenschaften aufgenommen. Gerade hier dienen auch vergleichbare Studienangebote als Zugang in den M. Ed. Wirtschaftspädagogik resp. den M. Sc. Wirtschaftspädagogik. Alternativ findet sich an anderen Studienstandorten ein eigenständiger Bachelorstudiengang Wirtschaftspädagogik (vgl. Frommberger/Lange 2018).

Abbildung 1: Wirtschaftspädagogische Studienprogramme/-profile an der Universität PaderbornAbbildung 1: Wirtschaftspädagogische Studienprogramme/-profile an der Universität Paderborn

An dieser Stelle können die Studienangebote nur grob skizziert werden. Darauf basierend werden dann Überlegungen vorgenommen, welche Wege damit ermöglicht werden sollen. Dabei eröffnen die aufeinander aufbauenden Studiengänge auf der linken Seite der Abbildung das grundständige Lehramtsstudium mit einer beruflichen Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften und einem Unterrichtsfach. Das Studium umfasst jeweils 100 ECTS über Bachelor- und Masterphase in den beiden beruflichen Fachrichtungen bzw. Unterrichtsfächern und 100 ECTS im bildungswissenschaftlichen Bereich. Der Wechsel eines Unterrichtsfachs erfordert dann z. B., dass die Studienleistungen auf Bachelor- und Masterebene für den jeweiligen Bereich erbracht werden müssen. Bereits damit wird deutlich, dass das Lehramtsstudium nur eine begrenzte Flexibilität besitzt, Studiengangwechsel häufig mit Auflagen und Anforderungen verbunden sind und daher eine frühzeitige Entscheidung für ein Lehramtsstudium für die Organisation des Studiums vorteilhaft ist. Der Wechsel eines Studienfachs erfordert in vielen Fällen eine erneute Prüfung der Studienvoraussetzungen, wobei Neu- und Umorientierungen dann nicht unterstützt, sondern dadurch eher erschwert werden. Gleichermaßen ist jedoch davon auszugehen, dass viele Studierende auch ein Lehramtsstudium mit Unsicherheiten aufnehmen. Damit ist aus unserer Sicht ein grundlegendes Merkmal und durchaus auch Problem der Lehrerbildung verbunden, welches wir in der Diskussion nochmals konkretisierend aufnehmen werden. Zumindest die Studienstrukturen fordern zu frühzeitigen und klaren Entscheidungen auf, die individuell aber oft unter Unsicherheit getroffen werden. Systematische Übergänge aus fachwissenschaftlichen Studienprogrammen werden nur sehr begrenzt eröffnet. Dies kann dazu beitragen, dass das Lehramtsstudium bestimmte Personen eher anspricht und ggf. anderen Personen mit sehr passenden Persönlichkeits- und Kompetenzprofilen über diese strukturellen Mechanismen als (unerwünschte) Nebenwirkung den Zugang zum Lehramtsstudium verschließt (vgl. hierzu auch zu den Strukturen der Lehrerbildung bereits Schützenmeister 2002).

Der Studiengang M. Ed. Wirtschaftspädagogik bietet, der Dipl.-Hdl.-Struktur folgend, das Studium der großen beruflichen Fachrichtung in Verbindung mit einer kleinen beruflichen Fachrichtung an. Hier können in Paderborn die folgenden kleinen beruflichen Fachrichtungen studiert werden: (1) Wirtschaftsinformatik, (2) Sektorales Management, (3) Produktion, Logistik, Absatz oder (4) Finanz- und Rechnungswesen, Steuern. Die Bezeichnungen der kleinen beruflichen Fachrichtungen verdeutlichen sehr schön, dass die beruflichen Fachrichtungen nicht deckungsgleich mit einem schulischen Unterrichtsfach sind, sondern eine Übersetzungsleistung erforderlich ist, welche Fächer oder Lerngebiete unterrichtet werden können. Die große berufliche Fachrichtung umfasst inklusive der fachdidaktischen Anteile 140 ECTS über das Bachelor- und Masterstudium, die kleine berufliche Fachrichtung umfasst 60 ECTS. Daneben sind 100 ECTS bildungswissenschaftliche Studienanteile erforderlich, die auch bereits in den Bachelorphasen aufzunehmen sind. Damit ist es auch in der sogenannten affinen Ausrichtung erforderlich, dass bereits im Rahmen des Bachelorstudiums Studienanteile in der großen und kleinen beruflichen Fachrichtung und den Bildungswissenschaften belegt werden. Der Bachelorstudiengang Wirtschaftswissenschaften bietet die Möglichkeit einer derartigen Belegung. Allerdings muss hier festgestellt werden, dass sich viele Studierende im Rahmen des Bachelorstudiengangs Wirtschaftswissenschaften hinsichtlich möglicher Tätigkeitsfelder resp. Masterstudiengänge orientieren und gerade für den Einstieg in den M. Ed. Wirtschaftspädagogik umfassende Zugangsvoraussetzungen bestehen, die dann im Übergang nochmals gesondert aufzunehmen sind. Der Bachelorstudiengang Wirtschaftswissenschaften ist eher breit angelegt und bietet in der Profilierungsfrage vielfältige Wahlmöglichkeiten (s. Kapitel 3). Im Gegensatz dazu erfordert der B. Ed. für das Lehramt an Berufskollegs bereits zu Beginn eine Wahl der Unterrichtsfächer und ist dann eher eng ausgerichtet. Diese Studierendengruppe hat mit der Einschreibung zumindest eine vorläufige Entscheidung für ein Studienfach getroffen und unterscheidet sich sehr deutlich von der Gruppe (der Bachelorstudierenden Wirtschaftswissenschaften), die im Studienverlauf eine Entscheidung treffen können.

Dies gilt in ähnlicher Weise für den M. Sc. Wirtschaftspädagogik. Dieser Studiengang ist auf außerschulische Tätigkeitsfelder ausgerichtet und sieht, basierend auf grundlegenden Pflichtmodulen zur Berufsbildung sowie Wirtschaftspädagogik und -didaktik neben dem Schwerpunkt Bildungsmanagement (25 ECTS), individuelle wirtschaftspädagogische Profilierungen (15 ECTS) vor. Dies wird über ein Studienkonzept verankert, welches Formen forschenden und entdeckenden Lernens umfassend integriert; u. a. über ein integriertes Forschungsstudium im Umfang von 25 ECTS. Auch für diesen Studiengang kann festgestellt werden, dass das Gebiet der Wirtschaftspädagogik im Studienverlauf zu entdecken bzw. der Zugang zu diesen Themen und Fragen herzustellen ist.

Die Studierendenzahlen lassen vermuten, dass gerade die Entscheidung für das Lehramt an Berufskollegs in vielen Fällen bereits vor dem Studienstart auch über eine Wahl der beruflichen Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften getroffen wird. Es nehmen zum Wintersemester jeweils ca. 100 Studierende das Studium zum Lehramt an Berufskollegs mit dem Unterrichtsfach Wirtschaftswissenschaften auf (s. Tabelle). Den Übergang in den Master of Education mit der beruflichen Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften finden 30 – 40 % der Studierenden. Dies kann für die affine Studienrichtung nicht in dieser Form bestimmt werden, da die wirtschaftspädagogischen Anteile – wie dargestellt – in andere Bachelorprogramme integriert sind oder der Zugang aus anderen Universitäten, Fachhochschulen und zunehmend aus dualen Studienprogrammen erfolgt.

Tabelle 1:     Anzahl der Einschreibungen in den Studiengängen im Wintersemester 2019/20 (eigene Darstellung, Daten entnommen aus: Zahlenspiegel der Universität Paderborn 2019, 33; Zahlenspiegel der Universität Paderborn 2020, 33)

 

WS 2018 / 2019

WS 2019 / 2020

Bachelor of Education
(berufliche Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften)

120

95

Master of Education
(berufliche Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften)

34

41

Master of Education Wirtschaftspädagogik

28

15

Master of Science Wirtschaftspädagogik

19

12

Aus der Sicht von Studieninteressierten und Studienanfänger*innen kann festgestellt werden, dass das Konstrukt Wirtschaftspädagogik in der Regel unbekannt ist und zunächst erschlossen werden muss. Vor diesem Hintergrund werden in Paderborn vereinfachend zwei Zugänge und Wege in wirtschaftspädagogische Studienprogramme eröffnet, die wir kurz skizziert haben. Der Zugang über den Lehramtsstudiengang B. Ed. mit der beruflichen Fachrichtung Wirtschaftswissenschaft und einem zweiten Unterrichtsfach / beruflicher Fachrichtung bedarf in der Regel einer Studienorientierung und -wahl im Vorfeld der Aufnahme des Studiums. Dabei stellt sich die Frage, ob dieses Studium dann als berufs- und wirtschaftspädagogisches Studium interpretiert wird oder dies durch die vorgegebenen Strukturen des Lehramtsstudiums im Verständnis der Studierenden ausgeblendet wird. Daneben kann der Zugang in die affine Studienrichtung mit kleiner und großer beruflicher Fachrichtung bzw. den M. Sc. Wirtschaftspädagogik über die Integration wirtschaftspädagogischer Lehranteile in insbesondere wirtschaftswissenschaftlich geprägte Module erreicht werden. Es besteht so die Möglichkeit, im Laufe eines fachwissenschaftlichen Bachelorstudiums die Wirtschaftspädagogik zu entdecken und die Voraussetzungen zur Aufnahme in diesen Studiengang herzustellen. Es kann vermutet werden, dass sich diese beiden Gruppen der Studierenden durchaus unterscheiden, in Bezug auf Zeitpunkte sowohl der Orientierung, Entscheidungsfindung und Wahl eines Studiums als auch der Anbindung an die fachwissenschaftliche resp. kaufmännische Bezugsdisziplin. Dies soll nun in einer ersten Diskussion weiter beleuchtet werden.

2.2 Diskussion I: Programmperspektive – Wege in wirtschaftspädagogische Studienprogramme

Zusammenführend zeigt die vorhergehende Darstellung der wirtschaftspädagogischen Studiengänge bereits, dass der Weg in ein wirtschaftspädagogisches Studienprogramm sehr unterschiedlich sein kann und zu unterschiedlichen Zeitpunkten auch verschiedene Mechanismen oder Rezeptionsformen der Studiengänge greifen können. Die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften hat sich aus verschiedenen Gründen dafür entschieden, eher breit angelegte Bachelorstudiengänge anzubieten und in diesem Rahmen dann entsprechende Profilierungsmöglichkeiten zu eröffnen. Dementsprechend wurde in der Umstellung auf die Bachelor- und Masterstrukturen auch kein eigenständiger Bachelorstudiengang Wirtschaftspädagogik u. a. als mögliche Basis für die Masterstudiengänge Wirtschaftspädagogik eingerichtet. Damit sind zwei Konsequenzen verbunden: Auf Bachelorebene wird die Möglichkeit, mit einer großen und kleinen beruflichen Fachrichtung den Zugang zum Lehramt an Berufskollegs zu finden, nicht explizit adressiert. Damit erfolgt zumindest indirekt eine Lenkung der Studierenden im Bachelor of Education mit dem Ziel Lehramt an Berufskollegs an einem kaufmännischen Berufskolleg mit der beruflichen Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften und einem weiteren Unterrichtsfach. Dies geht durchaus mit der Beratungspraxis einher, da zumindest überwiegend aus der Schulpraxis Signale kommen, dass für Lehrkräfte mit Unterrichtsfach eine bessere Einsetzbarkeit in Berufskollegs gegeben wäre. Ebenso findet sich jedoch gerade aus der schulischen Praxis die Forderung, dass für bestimmte Bereiche eine sehr grundständige Ausbildung erforderlich sei, um den Anforderungen in der schulischen Praxis gerecht zu werden. Dies gilt z. B. für Unterricht in den steuerberatenden Berufen oder bei den Bankkaufleuten. Ebenso kann festgestellt werden, dass die Wahrnehmung von Studiengängen als wirtschaftspädagogische Studiengänge durchaus unterschiedlich ist. Es kann zumindest vermutet werden, dass Studierende der beruflichen Fachrichtung Wirtschaftswissenschaften das Studium unterschiedlich interpretieren können und nicht zwingend als wirtschaftspädagogisches Studium interpretieren bzw. wahrnehmen.

Es kann basierend auf den bisherigen Überlegungen nochmals zusammenführend festgestellt werden, dass der ‚Königsweg‘ für das Lehramt an Berufskollegs eine frühzeitige Entscheidung für das Tätigkeitsfeld Lehrkraft an einem Berufskolleg erfordert und dies dann ein grundständiges Studium eröffnet, welches für einen reibungslosen Studienverlauf auch verfolgt werden kann. Lehramtsstudiengänge zeichnen sich dadurch aus, dass sie über den gesamten Studienverlauf mit Vorgaben versehen sind. So ist die Professionalisierung in der Lehramtsausbildung formal festgelegt und der Berufseinstieg erfolgt durch den Vorbereitungsdienst (Referendariat) und mit einem erfolgreich abgeschlossenen Staatsexamen (vgl. Grotheer 2019, 443). Eine Flexibilität in Bezug auf den Wechsel des Lehramts und / oder des Unterrichtsfachs ist hier eher nicht gegeben und ein Wechsel in der Regel mit einer grundlegenden Veränderung des Studienprogramms und oftmals mit einer Verlängerung der Studienzeit verbunden. Damit ist es erforderlich, dass eine hohe persönliche Sicherheit über zukünftige berufliche Vorstellungen vorliegt, da es sich um eine mindestens 7,5-jährige Ausbildungszeit handelt (10 Semester Regelstudienzeit, 1 Jahr berufliches Praktikum und 1,5 Jahre Referendariat).

Im Rahmen der Lehramtsausbildung ist ein Masterabschluss zwingend erforderlich. Damit verbunden besteht eine hohe Übergangswahrscheinlichkeit von Bachelor- in Masterstudiengänge in Lehramtsstudiengängen (Lörz et al. 2019, 78f.). Dies ist insofern interessant, da gerade das Lehramt nur sehr begrenzt den sich verändernden Lebenswelten von jungen Erwachsenen gerecht werden kann und im besten Fall nur eine sehr frühzeitige und über den Zeitverlauf stabile Studienorientierung und -entscheidung eine angemessene Studierbarkeit sicherstellen kann (Individualisierung, Singularitäten bzw. Lebensverläufe sind dabei nur begrenzt abbildbar). Vor diesem Hintergrund wären die Wege in Lehramtsstudiengänge und die Anlage von Lehramtsstudiengängen weiter zu betrachten.

Die beiden anderen Masterprogramme bieten Studienperspektiven, die sich im Rahmen des Bachelor Wirtschaftswissenschaften entwickeln können und hier auch Perspektiven und Wege in die Studiengänge aufzeigen sollen. Gerade hier ist es durchaus anspruchsvoll, die Wirtschaftspädagogik mit den Differenzierungen für das Lehramt einer Gruppe von Studierenden näherzubringen, die häufig durch den kaufmännischen Tätigkeitsbereich (im Rahmen von vorheriger Ausbildung und / oder Berufserfahrung) und / oder den Fachwissenschaften des vorherigen Studiums den Zugang zum Wirtschaftspädagogikstudium gefunden haben. Die Gefahr besteht nun darin, dass die Wirtschaftspädagogik häufig eine eher unbekannte Studienperspektive für diese Gruppe ist und daher systematisch die Auseinandersetzung mit den Themen und Fragen zu suchen ist. Gerade für diesen Weg kommt es also auf die Anlage der Studiengänge und auf die Möglichkeit, wirtschaftspädagogische Themengebiete zu integrieren, an. Beispielsweise ist es für den Standort Paderborn eine Herausforderung, dass wirtschaftspädagogische Module im Rahmen der wirtschaftswissenschaftlichen Bachelorstudiengänge nicht im ersten Studienjahr – der sogenannten Assessmentphase – angesiedelt sind, sondern erst in der Profilierungsphase (3.-6. Semester) gewählt werden können.

Weiterführend stellt sich so die Frage, was nun als wirtschaftspädagogisches Studienprogramm gefasst werden kann und inwiefern Studierende ihr Studium als wirtschaftspädagogisches Studium rezipieren bzw. ein derartiges Verständnis entwickeln. Diese Fragen können hier nur ansatzweise aufgenommen werden. Im folgenden Kapitel betrachten wir Studienplanungen von Bachelorstudierenden der Wirtschaftswissenschaften und deren Perspektive zur Aufnahme eines wirtschaftspädagogischen Masterstudiums, da diese Studierenden vor einer Orientierungsleistung und Entscheidung stehen. Vor dem Hintergrund der bisherigen Überlegungen ist fraglich, inwiefern individuelle Perspektiven zur Aufnahme eines wirtschaftspädagogischen Masterstudiums aufgenommen werden. Die Analyse der Studienplanungen liefert dabei interessante Einblicke zu Studienorientierungen und Handlungsperspektiven von Studierenden.

3 Vom Bachelor Wirtschaftswissenschaften in wirtschaftspädagogische Studienprogramme

3.1 Handlungsrahmen im Bachelor Wirtschaftswissenschaften

Ausgehend von den zuvor diskutierten Studienprogrammen zeigt sich, dass unterschiedliche Wege in ein wirtschaftspädagogisches Studium führen. Das folgende Kapitel eröffnet einen exemplarischen Blick auf die Studienvorstellungen von Bachelorstudierenden der Wirtschaftswissenschaften. Wie bereits angedeutet, wird Studierenden innerhalb dieses Studiengangs ein Zugang zur Wirtschaftspädagogik über die Fachwissenschaft ermöglicht. Die empirische Analyse verfolgt dabei allgemein die Frage, inwiefern Studierende aus dem wirtschaftswissenschaftlichen Studium Wege in die Wirtschaftspädagogik finden, d. h. konkret wirtschaftspädagogische Studienanteile im Rahmen ihres Studiums integrieren. Hierfür werden die von Bachelorstudierenden erstellten Studienplanungen betrachtet und dahingehend analysiert, inwieweit wirtschaftspädagogische Anteile in der Studienplanung aufgenommen wurden bzw. inwiefern es Hinweise auf wirtschaftspädagogische Interessen im Rahmen des Studiums gibt. Zunächst wird ein kurzer Einblick in die Strukturen der fachlichen Ausrichtung der Fakultät sowie in die formale Ausgestaltung des Studienplans gegeben, damit der Orientierungsrahmen für die Studierenden erkennbar wird; daran anschließend wird das Peer Mentoring Programm der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften als Unterstützungs- und Begleitformat in der Studieneingangsphase aufgezeigt.

Die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Paderborn bietet mit den sechs bestehenden Departments Management, Taxation, Accounting & Finance, Wirtschaftsinformatik, Economics, Wirtschaftspädagogik und Recht ein breit gefächertes Forschungs- und Lehrprofil sowie vielfältige Berufsperspektiven nach dem Studium an. Dieses ermöglicht Studierenden frühzeitig eine individuelle Profilierung im Bachelorstudium. Während Studierende sich ein breites Grundlagenwissen durch die Pflichtmodule innerhalb der Assessmentphase aneignen, können in der Profilierungsphase ab dem 3. Semester individuelle Schwerpunkte verfolgt werden. Hierbei haben Studierende die Möglichkeit, neben dem Methodenwahlbereich und der Bachelorarbeit Module in vier von sechs Bereichen als Major-Breite (jeweils 10 ECTS) und ein bis vier Bereichen als Major-Tiefe (40 ECTS) zu wählen. In diesem Bereich sind auch wirtschaftspädagogische Studienanteile verankert. Es handelt sich einerseits um Module, die dann auch die Zugänge zum Lehramt an Berufskollegs eröffnen (wie z. B. W2524 Kompetenzentwicklung I, W2525 Kompetenzentwicklung II) und andererseits um Module, die ausgewählte fachliche Themen aufnehmen (wie z. B. W2513 Kommunikation und Führung, W2526 Peer Mentoring I: Kommunikations- & Beziehungsmanagement, W2527 Peer Mentoring II: Gestaltung eines Academic Mentoring), die dann z. T. auch anderen Schwerpunkten zugeordnet werden können. Die Besonderheit des Studiengangs International Business Studies ist die Verknüpfung von wirtschaftswissenschaftlichen Inhalten mit Sprachen (Englisch und Französisch oder Spanisch). Auch hier haben Studierende die Möglichkeit, Module aus den entsprechenden Departments zu wählen. Beide Studiengänge zeichnen sich aus durch eine breite Fundierung wirtschaftswissenschaftlicher Disziplinen in den ersten beiden Semestern (Assessmentphase) und der darauf aufbauenden Profilierungsphase, in der eigene Interessen verfolgt und Schwerpunkte im Rahmen des Studiums gesetzt werden können. Die Assessmentphase nimmt somit die fachlichen Disziplinen der Wirtschaftswissenschaften in der Breite und im Rahmen der Grundlagen auf. Studierende können sich dabei ein grundlegendes wirtschaftswissenschaftliches Verständnis aneignen und erste Interessen in den verschiedenen Majors (weiter-)entwickeln. Im zweiten Studiensemester werden Bachelorstudierende durch die Vorstellung der Forschungs- und Lehrbereiche sowie der Modulauswahl der einzelnen Departments über die Möglichkeiten zur Ausgestaltung der Profilierungsphase informiert und eingeführt. Der betrachtete Orientierungsrahmen bietet viele Möglichkeiten im Rahmen einer individuellen Professionalisierung, jedoch kann dies gerade zu Beginn des Studiums auch herausfordernd sein.

Jährlich beginnen durchschnittlich um die 300 Studierende ein Studium in den Studiengängen B. Sc. Wirtschaftswissenschaften und B. Sc. International Business Studies (s. Tabelle 1). Der Studienbeginn steht seit vielen Jahren als herausfordernde Übergangsphase im Fokus und lässt vielfältige Maßnahmen im Rahmen der Studienbedingungen entstehen (vgl. Trautwein/Bosse 2017, 372).

Tabelle 2:     Studierendenzahlen B. Sc. Wirtschaftswissenschaften und B. Sc. International Business Studies (eigene Darstellung, Daten entnommen aus: Zahlenspiegel der Universität Paderborn 2019, 33; Zahlenspiegel der Universität Paderborn 2020, 33)

 

WS 2018 / 2019

WS 2019 / 2020

Studierende gesamt

Studierende im 1. FS

Studierende gesamt

Studierende im 1. FS

B. Sc. Wirtschaftswissenschaften

1465

316

1337

287

B. Sc. International Business Studies

968

296

947

300

Insbesondere die Gestaltung der Studieneingangsphase innerhalb großer Studiengänge und einer immer heterogener werdenden Studierendengruppe ist mit Herausforderungen verbunden (vgl. Jenert 2020, 25). Mentoring bietet dabei auch in großen Studiengängen die Möglichkeit, Studierende in der Übergangsphase Schule – Hochschule zu unterstützen und institutionelle sowie individuelle Herausforderungen aufzunehmen (vgl. Kremer/Sloane 2020, 7). Im Rahmen des bestehenden Peer Mentoring Programms an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften werden die jährlich ca. 600 Bachelorstudienanfänger*innen in den ersten beiden Semestern von Studierenden aus höheren Semestern begleitet und unterstützt. Das Mentoring ist curricular verankert, sodass sich Studierende ab dem 3. Fachsemester im Rahmen der Module „Peer Mentoring I: Kommunikations- & Beziehungsmanagement“ und „Peer Mentoring II: Gestaltung eines Academic Mentoring“ als Mentor*innen ausbilden lassen, u. a. Mentoring- und Beratungskonzepte erarbeiten und eine Gruppe von Mentees betreuen können. Während es im ersten Semester im Mentoringprogramm hauptsächlich um das „Ankommen an der Hochschule“ geht, wird im zweiten Semester die Planung der Profilierungsphase und die damit verbundene Erstellung einer individuellen Studienplanung fokussiert (vgl. Kremer/Sloane 2020, 8ff.). Der Fokus liegt dabei auf der Begleitung von Studierenden im zweiten Semester, da hier die beratende Funktion im Rahmen der Studienplanerstellung im Vordergrund steht. Die Erstellung der Studienplanung erfolgt durch alle Studierenden (Mentees) im zweiten Fachsemester und die Abgabe ist curricular in ein Grundlagenmodul eingebunden und verpflichtend. Die Mentees nehmen hierbei konkretere Vorstellungen für ihr Studium auf, indem sie sich zusammen mit den Mentor*innen neben formalen Rahmenbedingungen mit ihren studienrelevanten Interessen sowie außercurricularen Wünschen (Praktika, Auslandsaufenthalte, studentisches Engagement etc.) auseinandersetzen und einen ersten Studienplan erstellen. Bei der verpflichtenden Abgabe ist die von Studierenden individuell empfundene Relevanz der Studienplanungen zu differenzieren. Erfahrungsgemäß erfolgt die Erstellung dadurch mit unterschiedlicher Motivation. In einigen Fällen kann es durchaus sein, dass Studienplanungen formal – ohne eine tiefergehende Auseinandersetzung mit persönlichen Zielen oder Vorstellungen – erstellt werden. Es wird jedoch davon ausgegangen, dass die Entwicklung einer Zielperspektive den Studienerfolg begünstigen kann und eine wichtige Basis ist, um frühzeitig Studienorientierungen und -entscheidungen aufzunehmen.

3.2 Analyse der Studienplanungen – Methodisches Vorgehen und erste Ergebnisse

Die Studienplanung unterstützt Studierende, ihr Studium individuell auf die eigenen Interessen, Bedürfnisse und Stärken abzustimmen. Dabei wird eine intensive Auseinandersetzung mit den bestehenden Perspektiven und zugleich eine Sensibilisierung für formale Rahmenbedingungen (u. a. Vorgaben der Prüfungsordnung, inhaltliche Zugangsvoraussetzungen für ein Masterstudium, Pflicht- und Wahlbereiche) ermöglicht. Somit kann die eigene Studiengestaltung im Hinblick auf prüfungsrechtliche Vorgaben abgestimmt und z. B. sichergestellt werden, dass Module in den entsprechenden Major- oder Methodenbereichen belegt werden. Zudem können mit einer Studienplanung Modulkombinationen passend zu persönlich angestrebten Berufsperspektiven oder inhaltlichen Voraussetzungen eines Masterstudiums gewählt und eine formal bedingte Verzögerung des Studiums verhindert werden.

Die zu erstellende Studienplanung beinhaltet einen visualisierten Studienverlauf, in welchem Studierende ihre bereits absolvierten Module, das laufende Semester und die zukünftigen Semesterplanungen aufzeigen und dabei konkrete Module aufnehmen, die für die entsprechenden Semester gewählt wurden oder gewählt werden möchten. Die Erstellung eines individuellen Studienplans ermöglicht neben der Beachtung formaler Rahmenbedingungen eine tiefergehende Auseinandersetzung mit eigenen Vorstellungen und Wünschen für das Studium. Welche Themen finde ich spannend? Wo sehe ich meine Stärken? Welche inhaltlichen Schwerpunkte möchte ich in meinem Studium legen? Welche Module belege ich in welchem Semester? Hierfür werden das Modulhandbuch und dazugehörige Modulbeschreibungen zur Unterstützung hinzugezogen, wodurch sich Studierende bei der Erstellung des Studienplans mit der Modulauswahl und den entsprechenden Inhalten der Module auseinandersetzen.

Zusätzlich werden im Rahmen der Studienplanung neben der visualisierten Darstellung offene Fragen bzgl. der Schwerpunktsetzung sowie studienrelevanten und beruflichen Perspektiven aufgenommen:

  • Wie finden sich Ihre Interessen und Stärken in der Studienplanung wieder? Wie können Sie Ihre individuellen Vorstellungen im Studium realisieren?
  • Welche gesellschaftlichen und beruflichen Perspektiven verbinden Sie mit Ihrer Studienplanung? Welche fachübergreifenden Angebote sind an unserer Fakultät/Universität von Interesse bzw. wie können Sie verschiedene Angebote miteinander verknüpfen?
  • Welche Übergänge in ein Masterstudium sind für Sie nach dem Bachelor interessant oder welche beruflichen Vorstellungen haben Sie? Und wie gehen Sie in Ihrer Studienplanung darauf ein?
  • Welche Zusatzqualifikationen und Praxiserfahrungen möchten Sie in Ihrem Bachelorstudium sammeln?
  • Optional: Streben Sie einen Auslandsauenthalt an? Wenn ja, in welchem Semester erscheint Ihnen dieses passend?

Diese Impulsfragen regen zur Auseinandersetzung mit persönlichen Studien- und Zukunftsvorstellungen an und dienen der Gestaltung des Studiums in Bezug auf fachliche Schwerpunkte, den Übergang in den Master bzw. berufliche Perspektiven.

Im Rahmen der Untersuchung stellen wir uns die Frage, inwiefern Studierende des wirtschaftswissenschaftlichen Bachelorstudiengangs Wege in die Wirtschaftspädagogik aufnehmen und wirtschaftspädagogische Studienanteile im Studienplan integrieren. Die Studienplanungen dienen dabei als erster Zugang, um studentische Sichtweisen aufzunehmen und Hinweise auf Studienorientierungen zu erhalten. Die betrachteten Studienplanungen wurden von allen Bachelorstudierenden der Wirtschaftswissenschaften und International Business Studies als verpflichtende Teilleistung innerhalb eines Pflichtmoduls im zweiten Semester abgegeben. Dabei wurden 440 Studienplanungen aus dem Sommersemester 2018 und 448 aus dem Sommersemester 2019 analysiert. Der Beitrag gibt hier exemplarische Einblicke in individuelle (Studien-)Vorstellungen und Motivlagen von Studierenden und richtet dabei den Fokus auf Studierende, die z. B. wirtschaftspädagogische Anteile im Studienplan integriert haben, die Interesse am Master in Wirtschaftspädagogik angeben oder evtl. bereits berufliche Perspektiven im wirtschaftspädagogischen Bereich (z. B. Lehramt an Berufskollegs) angeben.

Das Datenmaterial – bestehend aus den Dokumenten der von den Studierenden erstellten und eingereichten 888 Studienplanungen – wurde anhand von zentralen Leitfragen gesichtet, um die für die Fragestellung relevanten Informationen zu filtern:

  1. Inwieweit werden wirtschaftspädagogische Anteile aufgenommen?

Wirtschaftspädagogische Anteile werden hier als Module gefasst, die von den Studierenden in der Studienplanung aufgenommen wurden. Im Rahmen der Analyse wurde konkret betrachtet, wie viele Module bzw. ECTS die Studierenden im Bereich der Wirtschaftspädagogik wählen möchten.

  1. Welchen Schwerpunkt(e) setzen Studierende, die Wirtschaftspädagogik in der Breite aufnehmen?

Sofern Studierende mindestens 10 ECTS aus dem Bereich Wirtschaftspädagogik im Studienplan, d. h. Wirtschaftspädagogik in der Breite, aufnehmen, stellt sich die Frage, ob eine wirtschaftspädagogische Vertiefung resp. ein wirtschaftspädagogischer Schwerpunkt angestrebt wird.

  1. Wie gestalten Studierende, die im Anschluss einen Master in Wirtschaftspädagogik planen, ihr Bachelorstudium?

Hierzu ist es erforderlich, alle Zugangsvoraussetzungen für den M. Ed. bzw. M. Sc. aufzunehmen und entsprechende Module zu belegen bzw. für den M. Ed. auch Zusatzkurse aufzunehmen.

Für den vorliegenden Beitrag wurde bei der Analyse die offene Frage fokussiert, inwiefern Interessen im Bereich der Wirtschaftspädagogik vorhanden sind. D. h. konkret wurde untersucht, ob Studierende berufliche Perspektiven der Wirtschaftspädagogik oder einen wirtschaftspädagogischen Masterstudiengang anstreben.

Tabelle 3:     Wirtschaftspädagogische Ausrichtung im Rahmen der Studienplanung im Bachelorstudiengang Wirtschaftswissenschaften

 

2018

2019

Studienpläne (Anzahl)

440

448

 

Anzahl

Prozent

Anzahl

Prozent

Wirtschaftspädagogik Module

215

48,9

225

50,2

Wirtschaftspädagogik Breite

142

32,3

110

24,6

Wirtschaftspädagogik Tiefe

17

3,9

3

0,7

Master Interesse

13

3,0

8

1,8

Tabelle 3 zeigt eine erste Übersicht der Ergebnisse und nimmt die wirtschaftspädagogischen Ausrichtungen innerhalb der betrachteten Studienplanungen auf. Hierbei zeigt sich, dass knapp die Hälfte der Studierenden wirtschaftspädagogische Module in ihrem Studienplan aufnimmt. Davon wählen 32,3 Prozent in 2018 und 24,6 Prozent in 2019 Wirtschaftspädagogik in der Major-Breite (10 ECTS). Dies bedeutet, dass sie mehr als ein Modul (5 ECTS) wählen und so eine erste Schwerpunktrichtung angeben. Sofern Studierende mehr als 10 ECTS mit wirtschaftspädagogischen Modulen gefüllt haben, findet neben der Major-Breite auch eine Vertiefung (Major-Tiefe) im Bereich Wirtschaftspädagogik statt. Die Ergebnisse zeigen hier bereits, dass mit 3,9 Prozent im Jahr 2018 und 0,7 Prozent der Studierenden im Sommersemester 2019 nur ein geringer Anteil eine wirtschaftspädagogische Vertiefung im Studienplan aufnimmt. Im Rahmen der offenen Fragen (s. u.) haben 3,0 Prozent der Studierenden im Sommersemester 2018 und 1,8 Prozent der Studierenden im Sommersemester 2019 angegeben oder erwähnt, dass sie Interesse an einem wirtschaftspädagogischen Masterstudium haben.

Zudem fällt auf, dass gewisse Unsicherheiten bei der Studienplanerstellung herrschen, da formale Bedingungen teilweise nicht erfüllt werden. So haben Studierende z. B. Interesse am Wirtschaftspädagogik-Master, aber keine wirtschaftspädagogischen Module in der Studienplanung integriert. Weitere Studierende, die Wirtschaftspädagogik als Major-Breite angegeben haben, haben 5 ECTS im Bereich der Wirtschaftspädagogik gewählt, wobei hier 10 ECTS für die Breite gefordert sind. Wie in den Ergebnissen ersichtlich, können Module aus der Wirtschaftspädagogik teilweise in anderen Bereichen (z. B. Management) angerechnet werden (Modul Kommunikation und Führung, Exzellenzseminar), womit zwar ein erster Zugang zur Wirtschaftspädagogik ermöglicht, jedoch ein anderer Schwerpunkt resp. eine andere berufliche Perspektive angestrebt wird.

Die Beantwortung der offenen Fragen im Rahmen der Studienplanung geben zusätzliche Einblicke in die individuellen Vorstellungen der Studierenden. Hier fällt auf, dass ähnliche Muster zu erkennen sind. Studierende nehmen neben der Vertiefung in Wirtschaftspädagogik häufig auch eine Vertiefung im Bereich Management auf. Hierbei wird teilweise das Personalmanagement als zukünftiges Tätigkeitsfeld genannt. 2018 haben 33,5 Prozent der Studierenden wirtschaftspädagogische Module integriert und diese in einem anderen Bereich (Management) verbucht. Im Jahr 2019 waren es knapp über die Hälfte der Studierenden, die wirtschaftspädagogische Module im Bereich Management verbuchen möchten. Sofern Studierende explizit ein wirtschaftspädagogisches Masterstudium anstreben, geben sie an, dass sie sich für den Master in Betriebswirtschaftslehre oder Wirtschaftspädagogik interessieren. Wenige Studierende nennen ausschließlich den Wunsch, ein wirtschaftspädagogisches Masterstudium aufzunehmen. Auch hierbei wird vereinzelt die Ausrichtung bzw. das Interesse am Personalmanagement genannt. Zudem haben wenige Studierende trotz des Interesses am Master oder einer Tätigkeit im Bereich der Wirtschaftspädagogik keine wirtschaftspädagogischen Anteile in ihrer Studienplanung integriert. Einige Studierende geben an, sich für Wirtschaftspädagogik zu interessieren und haben dabei bereits konkrete Vorstellungen in der beruflichen Orientierung (Berufsschullehrer, Aus- und Weiterbildung etc.).

Die Studienplanung und damit Planung der anstehenden Profilierungsphase fällt im zweiten Semester ggf. aufgrund von formalen Rahmenbedingungen schwer. Hier setzen Studierende erfahrungsgemäß oftmals den Fokus auf nachzuholende Prüfungen und den Abschluss der Assessmentphase, womit eine tiefergehende Auseinandersetzung mit möglichen Interessen und Ausrichtungen in der Profilierungsphase zu dem Zeitpunkt der Studienplanerstellung eventuell erschwert wird. Bei der Analyse der Studienpläne fällt auf, dass Studierende ihren Studienverlauf individuell planen, jedoch durch formale Bedingungen (Major-Breite und -Tiefe) ein gewisser Entscheidungs- resp. Orientierungsrahmen mitgeführt wird, durch den Studierende ihre fachlichen Interessen aufnehmen und erste Schwerpunkte im Studium setzen.

3.3 Diskussion II: Exemplarische Einblicke in (Studien-)Vorstellungen und Motivlagen von Studierenden

Die Studienplanerstellung soll Studierende dabei unterstützen, eigene Interessen und Wünsche aufzunehmen sowie Stärken und Schwächen zu identifizieren und darauf aufbauend eine individuelle Professionalisierung und konkrete Planung des Studiums vorzunehmen. Die Analyse der Studienplanungen zeigt, dass durchschnittlich knapp die Hälfte der Studierenden wirtschaftspädagogische Anteile im Studienplan integriert haben; jedoch wird nur teilweise ersichtlich, inwiefern Wege in die Wirtschaftspädagogik verfolgt werden. Zudem ist fraglich, inwieweit Studierende zu diesem Zeitpunkt in der Lage sind, konkrete Studienvorstellungen aufzunehmen. Inwieweit können Studierende bereits hier überblicken, wie sie ihr Studium planen möchten? Sind sie sich bewusst, welche Rahmenbedingungen es zu beachten gibt? Bestehende Unsicherheiten werden z. T. ersichtlich durch Unstimmigkeiten in den Studienplanungen, die nicht den formalen Rahmenbedingungen entsprechen und demzufolge nicht realisierbar sind. Die ausgewählten Ergebnisse dienen im Folgenden dazu, exemplarische Einblicke in studentische Motivlagen, die sich anhand der Studienplanungen ergeben, aufzuzeigen:

„Einen Master strebe ich auf jeden Fall an. Wirtschaftspädagogik, IBS oder BWL wären interessant für mich. Mich interessieren die allgemeinen Abläufe in Unternehmen sowie die Unternehmensführung. Beruflich gesehen stelle ich mir mein Studium so zusammen, dass ich in der Unternehmensführung flexibel einsetzbar bin und mehrere Fachbereiche abgedeckt sind.“ (Auszug aus einer Studienplanung, Sommersemester 2019)

„Mit meiner Studienplanung verbinde ich eine berufliche Perspektive, die es mir ermöglicht, mit Menschen zu arbeiten und sie bei der persönlichen Aus- und Weiterbildung zu unterstützen... Für mich sind die Masterstudiengänge M. Sc. Wirtschaftspädagogik und M. Sc. Betriebswirtschaftslehre interessant. Da ich mich im Laufe des Studiums entscheiden möchte, in welche Richtung ich gehen möchte, möchte ich im siebten Semester den Bereich Wirtschaftspädagogik vertiefen, um die Möglichkeit zu haben, diesen Masterstudiengang zu belegen.“ (Auszug aus einer Studienplanung, Sommersemester 2018)

„Ich möchte nach meinem Bachelor gerne den Masterstudiengang Wirtschaftspädagogik machen, um so später den Beruf des Lehrers ausüben zu können. Um mich darauf vorzubereiten habe ich schon einige wirtschaftspädagogische Vertiefungen in der Profilierungsphase gewählt.“ (Auszug aus einer Studienplanung, Sommersemester 2019)

„Ich strebe den Masterstudiengang der Wirtschaftspädagogik an, um später einmal Berufsschullehrer zu werden. Da ich ein wenig „um die Ecke“ erst Wirtschaftswissenschaften studiere, möchte ich mich zunächst auf einer sehr breiten Ebene fundiert weiterbilden und ein großes wirtschaftspolitisches sowie -pädagogisches Allgemeinwissen aufbauen, bevor ich im Master verstärkt auf Methodik und Didaktik eingehe.“ (Auszug aus einer Studienplanung, Sommersemester 2018)

 

Der Frage, inwiefern Studierende im Rahmen der Studienplanung eine wirtschaftspädagogische Ausrichtung im Studium aufnehmen, kann sich durch die Analyse der Studienplanungen und Erfahrungen aus der Praxis angenähert werden. Hierzu bieten sich vor dem Hintergrund der Auswertungen und Begleitung im Rahmen des Mentorings folgende Ausgangspunkte und Spannungsfelder an:

  • Es ist zwar hilfreich, sich frühzeitig mit der Planung des Studiums zu beschäftigen. Gleichermaßen ist dies für viele Studierende auch herausfordernd bzw. die Notwendigkeit wird kaum gesehen. Zumindest kann festgestellt werden, dass es Studierenden im zweiten Semester schwerfällt, eine Studienplanung zu erstellen.
  • Die eigenen Interessen und Wünsche für das Studium können klar benannt werden und doch fällt es schwer, eigene Schwerpunkte für das Studium zu identifizieren. Gerade hier wäre zu fragen, wie klar die eigenen Interessen und Wünsche sind und ob diese auch als handlungsleitende Momente herangezogen werden können.
  • Studierende können recht klar einschätzen, ob sie einen anschließenden Masterstudiengang einplanen oder ausschließen. Optional zum Masterstudiengang sehen Studierende teilweise den direkten Berufseinstieg nach Abschluss des Bachelorstudiums. Sofern ein Masterstudiengang angestrebt wird, werden oftmals zwei oder mehr Studiengänge angegeben. Zu diesem Zeitpunkt scheint es für viele Studierende herausfordernd, konkrete Perspektiven aufzunehmen. Aufgrund der Studienstruktur werden mehrere inhaltliche Schwerpunkte gesetzt. Berufliche Perspektiven und Vorstellungen bleiben damit teilweise unscharf.
  • Das Interesse im Bereich Wirtschaftspädagogik wird angegeben, jedoch sind im Studienplan selbst keine oder wenige wirtschaftspädagogische Module integriert. Studentische Orientierungen entwickeln sich im Laufe des Studiums (weiter). Damit erfolgt eine mögliche wirtschaftspädagogische Vertiefung eventuell erst später im Studium.
  • Es gelingt einigen Studierenden, konkrete Ausrichtungen im Studienplan aufzunehmen. Eine wirtschaftspädagogische Vertiefung zeigt sich u. a. durch die Anzahl der ausgewählten Module, die Planung einer wirtschaftspädagogischen Abschlussarbeit oder eines Praktikums, durch die beruflichen Interessen im betrieblichen Kontext oder im Rahmen einer Tätigkeit im Lehramt.

Die Wirtschaftspädagogik scheint Studierenden nur begrenzt im zweiten Semester präsent zu sein, was auf den Studienplan zurückgeführt werden kann. Es wäre zu fragen, inwiefern die Studienpläne einen Ausgangspunkt für weitere Beratungen und Orientierungen anbieten können und darin unterstützen, Ziele und Perspektiven für das Studium zu finden. Dies würde eine aktive Auseinandersetzung mit den Studienplänen erfordern.

4 Wirtschaftspädagogik studieren

Der vorliegende Beitrag hat einerseits die Studienstrukturen und damit verbundene Studienwege dargestellt und andererseits exemplarisch Studienplanungen von Studierenden im Bachelor Wirtschaftswissenschaften aufgenommen, um so Rückschlüsse auf die Studienorientierung zu ermöglichen.

Es kann festgestellt werden, dass die institutionelle Sicht von der Sicht der Studierenden zu trennen ist und diese Perspektiven nicht zwingend übereinstimmen. Aus institutioneller Sicht kann für den Weg in das Lehramt an Berufskollegs als empfohlener Weg die Wahl einer beruflichen Fachrichtung mit einem Unterrichtsfach aufgezeigt werden. Auch hier muss festgestellt werden, dass Ausnahmen die Regel durchaus bestätigen können. Beispielsweise kann für einen Studierenden, der eine berufliche Ausbildung im Bereich Steuern absolviert hat, die Wahl der kleinen beruflichen Fachrichtung Finanz- und Rechnungswesen durchaus empfehlenswert sein, auch wenn damit der Kreis potentieller Berufskollegs für eine mögliche Anstellung nach dem Studium resp. Referendariat kleiner werden kann. Aktuell muss zum Beispiel festgestellt werden, dass für die affine Studienrichtung keine Stellenausschreibungen in der Region OWL erfolgen. Dementsprechend erfolgt vor und zu Beginn des Studiums unter Berücksichtigung individueller Bedingungen eine Beratung zur Aufnahme eines Studiums Lehramt an Berufskollegs und nicht der Einstieg in ein wirtschaftswissenschaftliches Studium. Genau damit stellt sich aus Sicht des Studierenden der Zugang zur Wirtschaftspädagogik aus einer Konzeption des Lehramts und der damit verbundenen Rezeption im Kontext der Bildungswissenschaften bzw. der Fachdidaktik dar. Wirtschaftspädagogik wird somit nicht als profilbildend betrachtet, sondern eher anhand der Module wahrgenommen, die in einem Lehramtsstudium mit zwei Fächern belegt werden. Diese Trennung kann beim Aufbau einer wirtschaftspädagogischen Professionalität durchaus hinderlich wirken und das Zusammenspiel der entsprechenden Module ist jeweils aufzuzeigen. Dies ist für die affinen Studienrichtungen anders: Die wirtschaftspädagogischen Studienanteile werden hier im Kontext der Wirtschaftswissenschaften rezipiert und aufgenommen. Damit liegen keine curricular-organisatorischen Trennungen in Bildungswissenschaften und Fachwissenschaften vor. Allerdings haben die fachwissenschaftlichen Konzepte einen Einfluss auf den Zugang zu den wirtschaftspädagogischen Modul- und Lehrangeboten. Gerade hier besteht dann die Gefahr, dass z. B. Basisannahmen einfach übertragen werden bzw. die Verankerung der Wirtschaftspädagogik kaum betrachtet wird.

Bezugnehmend auf die Orientierungsleistungen in einem Studium kann festgestellt werden, dass ein Lehramtsstudium eine Studienorientierung und -wahl im Vorfeld des Studiums und anschließend eine stringente Verfolgung des Studienprogramms erfordert. Dies steht durchaus einem Lernverständnis entgegen, welches ein Studium als einen Such- und Erkundungsprozess versteht und Umorientierungen als eine Möglichkeit heranzieht. Genau hier liegen die Herausforderungen für Studierende, die Wege in den M. Ed. / M. Sc. Wirtschaftspädagogik suchen. Sie sind nochmals aufgefordert, aktiv im Studium eine derartige Orientierung vorzunehmen oder den Übergang zu gestalten. Gerade hier besteht dann die Gefahr, dass dies eher als eine formale Anpassungsleistung gesehen wird, um den Zugang in einen präferierten Studiengang zu erhalten.

Durch die curriculare Verankerung ist die Erstellung und Abgabe der Studienplanung verpflichtend. Sofern Studierende sich bis zu diesem Zeitpunkt über eigene Vorstellungen und Wünsche für das Studium nicht klar sind, könnten Studienplanungen unreflektiert erstellt werden. Darüber hinaus ist zu betonen, dass die Erkenntnisse, die aus der Analyse der Studienplanungen gewonnen wurden, lediglich eine Momentaufnahme darstellen. Die Ergebnisse geben keine Hinweise auf den tatsächlichen Studienverlauf, sondern zeigen ausschließlich die Studienvorstellungen, welche Studierende im Rahmen der Studienplanerstellung aufgenommen haben. Hier wäre es interessant zu erfahren, inwiefern sich Studienvorstellungen festigen oder ggf. im Laufe des Studiums verändern und Neuorientierungen stattfinden. Um weitere individuelle Einblicke in Studienorientierungen zu erhalten, wäre es für zukünftige Forschungsprojekte spannend, Studierende, die wirtschaftspädagogische Anteile in ihrer Planung, eine konkrete wirtschaftspädagogische Ausrichtung oder aber keine Wege in die Wirtschaftspädagogik aufnehmen, zu befragen.

Die betrachteten Studienplanungen nehmen damit individuelle Vorstellungen auf und die Ergebnisse ermöglichen u. a. aufgrund der formalen Bedingungen und der Leitfragen, spezifische Charakteristika der Studienvorstellungen zusammenzufassen und aufzuzeigen. Insgesamt zeigt sich, dass knapp die Hälfte der Bachelorstudierenden wirtschaftspädagogische Anteile im Rahmen ihrer Studienplanung aufnehmen. Dies erfolgt dann in ganz unterschiedlicher Art. Die Ausrichtung auf eine zukünftige Lehramtsausbildung geben vier Studierende explizit an. Hier wird der Bachelor teilweise als Möglichkeit genutzt, sich grundlegendes Wissen in der Fachwissenschaft anzueignen. Oftmals finden jedoch ein enger Bezug und eine Orientierung im Bereich des Managements statt. Wirtschaftspädagogik scheint hier oft über angestrebte berufliche Perspektiven im Bereich Personalmanagement präsent zu sein. Der Weg in die Wirtschaftspädagogik erfolgt bei den Bachelorstudierenden der Wirtschaftswissenschaften eher über „Umwege“, zumal die Modulwahl und somit der Zugang zum Fach erst ab dem 3. Semester möglich und keine grundlegende Einführung im Rahmen der Assessmentphase curricular eingebunden ist. Die Analyse der Studienplanungen gibt erste Hinweise darauf, dass der Weg in die Wirtschaftspädagogik für Bachelorstudierende der Wirtschaftswissenschaften nur teilweise präsent ist und nur in vereinzelten Fällen gezielt angestrebt wird.

Offen bleibt ferner, ab wann Studierende sich als Studierende der Wirtschaftspädagogik bezeichnen und sich hier verorten können. Kann dies für den Bachelor Wirtschaftswissenschaften über die Anzahl der wirtschaftspädagogischen Module festgelegt werden oder geht es eher um eine innere Einlassung auf eine Disziplin? Dies könnte in ähnlicher Form auch für die weiteren Studiengänge gefragt werden. Hier zeigt der Blick in die Studienstrukturen, dass über wirtschaftspädagogische Studienprogramme durchaus sehr unterschiedliche Tätigkeitsfelder adressiert werden, die Wege in das Studium bereits strukturell unterschiedlich angelegt sind und damit auch durchaus unterschiedliche Motivlagen bestehen bzw. im Zugang zum Wirtschaftspädagogikstudium entstehen können. Dementsprechend wäre nicht allgemein das wirtschaftspädagogische Studium in den Blick zu nehmen, sondern die Profile der unterschiedlichen wirtschaftspädagogischen Studienprogramme.

Literatur

Frommberger, D./Lange, S. (2018): Zur Ausbildung von Lehrkräften für berufsbildende Schulen. Befunde und Entwicklungsperspektiven. Friedrich-Ebert-Stiftung – Wirtschafts- und Sozialpolitik (4). Online: http://library.fes.de/pdf-files/wiso/14169-20180306.pdf (20.01.2020).

Grotheer, M. (2019): Berufseinstieg und Berufsverlauf mit Bachelorabschluss. Wie erfolgreich etablieren sich Graduierte verschiedener Abschlussarten am Arbeitsmarkt? In: Lörz, M./Quast, H. (Hrsg.): Bildungs- und Berufsverläufe mit Bachelor und Master. Online: https://doi.org/10.1007/978-3-658-22394-6_14 (20.01.2020).

Jenert, T. (2020): Peer Mentoring unter der Perspektive strategischer Studien- und Lehrentwicklung. In: Fuge, J./Kremer, H.-H. (Hrsg.): Mentoring in Hochschuldidaktik und -praxis. Eine Reflexion wissenschaftlicher Erkenntnisse und praktischer Erfahrungen. Detmold.

KMK: Hochschulzugang für beruflich qualifizierte Bewerber ohne schulische Hochschulzugangsberechtigung: Beschluss der Kultusministerkonferenz vom 06.03.2009. Online: http://www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2009/2009_03_06-Hochschulzugang-erful-qualifizierte-Bewerber.pdf (26.04.2020).

Kremer, H.-H./Sloane, H. (2020): Peer Mentoring an der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften – Konzept und Realisierungsformen. In: Fuge, J./Kremer, H.-H. (Hrsg.): Mentoring in Hochschuldidaktik und -praxis. Eine Reflexion wissenschaftlicher Erkenntnisse und praktischer Erfahrungen. Detmold.

Kremer, H.-H./Sloane, P. F. E. (2007): Das Paderborner Modell Berufsbildung – Studienkonzept am Beispiel der Überführung der Handelslehrerausbildung in BA-/MA-Strukturen. In: bwp@ Nr. 12, Online: http://www.bwpat.de/ausgabe12/kremer_sloane_bwpat12.pdf (20.01.2020).

Lörz, M./Quast, H./Roloff, J./Trennt, F. (2019): Determinanten des Übergangs ins Masterstudium. Theoretische Modellierung und empirische Überprüfung In: Lörz, M./Quast, H. (Hrsg.): Bildungs- und Berufsverläufe mit Bachelor und Master. Online: https://doi.org/10.1007/978-3-658-22394-6_3 (29.12.2020).

LZV (2016): Verordnung über den Zugang zum nordrhein-westfälischen Vorbereitungsdienst für Lehrämter an Schulen und Voraussetzungen bundesweiter Mobilität (Lehramtszugangsverordnung - LZV). Online: http://www.lexsoft.de/cgi-bin/lexsoft/justizportal_nrw.cgi?xid=7574500,1 (10.10.2020).

Quast, H./Lörz, M. (2019): Determinanten, Herausforderungen und Konsequenzen eines Bachelor- und Masterstudiums – eine Einleitung. In: Quast, H./Lörz, M. (Hrsg.): Bildungs- und Berufsverläufe mit Bachelor und Master. Online: https://doi.org/10.1007/978-3-658-22394-6_1 (20.01.2020).

Schützenmeister, J. (2002): Professionalisierung und Polyvalenz in der Lehrerausbildung. Marburg.

Trautwein, C./Bosse, E. (2017): The first year in higher education – critical requirements from the student perspective. In: Higher Education 73. Online: https://doi.org/10.1007/s10734-016-0098-5 (20.01.2021).

Universität Paderborn (2019): Studierenden- und Absolventenspiegel. Online: https://www.uni-paderborn.de/fileadmin/zv/1-3/Statistiken/Studierendenspiegel_2019/3mm_Studierendenspiegel_2019.pdf (18.11.2020).

Universität Paderborn (2020): Zahlenspiegel, Studierende und Abschlüsse. Online: https://www.uni-paderborn.de/fileadmin/zv/1-3/Statistiken/Studierendenspiegel_2020/3mm_Studierendenspiegel_2020.pdf (17.11.2020).

Universität Paderborn (2020a): Department Wirtschaftspädagogik, Studiengänge. Online: https://wiwi.uni-paderborn.de/dep5/lehre/studiengaenge (09.10.2020).

 

[1] Ausführliche Informationen über die Studiengänge des Departments Wirtschaftspädagogik finden sich hier: https://wiwi.uni-paderborn.de/dep5/lehre/studiengaenge

Zitieren des Beitrags

Kremer, H.-H./Mauer, E. (2021): Wirtschaftspädagogik studieren? – Studienprogramme und exemplarische Einblicke in Sichtweisen von Studierenden. In: bwp@ Spezial 19: Studierende der Berufs- und Wirtschaftspädagogik: (Un-)bekannte Wesen? Hrsg. v. Grunau, J./Jenert, T. 1-20. Online: https://www.bwpat.de/spezial18/kremer_mauer_spezial18.pdf (23.02.2021).